Die Entwicklung psychischer Belastungen durch die Corona-Krise

Kleine Anfrage
vom 14.01.2021

Kleine Anfrage 4831der Abgeordneten Thomas Röckemann und Dr. Martin Vincentz vom 14.01.2021

 

Die Entwicklung psychischer Belastungen durch die Corona-Krise

Seit Beginn der Corona-Krise und seit den damit verbundenen ersten Maßnahmen zur Eindämmung des Virus, warnen Psychiater und Psychologen vor den seelischen und psychischen Folgen der Pandemie. Es wird vermutet, dass die Anzahl der Suizide in den nächsten Monaten zunehmen könnte; vor allem die wachsende Vereinsamung vieler Menschen wird als hoher Stressfaktor und damit auch als potentieller Auslöser für eine Steigerung der Suizidrate angesehen.

Konkrete entsprechende Zahlen für das Jahr 2020 liegen aktuell noch nicht umfassend vor, doch haben einige Landeskriminalämter, darunter die von Bayern und Baden-Württemberg, bereits Auskunft über die Entwicklung gegeben. So sei bisher kein Anstieg der Suizidzahlen im Vergleich zu den Vorjahren zu erkennen. In Rheinland-Pfalz sei sogar ein leichter Rückgang zu verzeichnen.1 Bundesweite Vergleichszahlen liegen jedoch noch nicht vor.

„Die wahrscheinlichste Erklärung“ so eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie gegenüber dem deutschen Ärzteblatt „sei, dass sich in der Zeit, als das öffentliche Leben massiv eingeschränkt war, weniger Menschen in der Stadt aufhielten. Unter den Suizidopfern seien nicht nur Ortsansässige, sondern zum Beispiel auch Pendler, Reisende oder Wohnsitzlose.“ Dazu komme, dass während des allgemeinen Stillstands auch weniger „Suizidmittel“ zur Verfügung gestanden hätten. Zum Beispiel seien weniger Züge gefahren und öffentliche Gebäude seien geschlossen gewesen.2

Eine ähnliche Entwicklung für das Jahr 2020 konnte für Japan verzeichnet werden. So sank zwischen Januar und Juni im Jahre 2020 die Zahl der Suizide um ca. zehn Prozent. Obwohl die Entwicklung in Japan schon seit Jahren ersichtlich eine Abnahme der Suizide ausweist, stieg deren Anzahl im Juli 2020 auf das Niveau des Julis 2019, um dann im August über 15 Prozent des Wertes von August 2019 zu erreichen. Die Regierung bestätigte diese Steigerungen und erhöhte den Finanzansatz zur Prävention von Suiziden.3

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele versuchte Suizide verzeichnet die Landesregierung in den Jahren 2015 bis 2020? (Bitte eine Differenzierung nach Jahr, Alter, Geschlecht und Regierungsbezirk vornehmen)
  2. Wie viele vollendete Suizide verzeichnet die Landesregierung in den Jahren 2015 bis 2020? (Bitte eine Differenzierung nach Jahr, Alter, Geschlecht und Regierungsbezirk vornehmen)

Thomas Röckemann
Dr. Martin Vincentz

 

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1 https://www.rnd.de/gesundheit/suizid-wie-das-virus-indirekt-toten-kann-WCKI2VUR5VGJFK46QCRZAES5GA.html (abgerufen am 12.01.2021).

2 https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/117216/Moeglicherweise-weniger-Suizide-seit-Corona  (abgerufen am 13.01.2021).

3 https://www.dw.com/de/mehr-selbstmorde-in-japan-durch-pandemie/a-55241727 (abgerufen am 12.01.2021).


Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 4831 mit Schreiben vom 1. Februar 2021 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie viele versuchte Suizide verzeichnet die Landesregierung in den Jahren 2015 bis 2020? (Bitte eine Differenzierung nach Jahr, Alter, Geschlecht und Regierungsbezirk vornehmen)

Zahlen zu Suizidversuchen liegen der Landesregierung nicht vor, da diese nicht systematisch erfasst werden.

  1. Wie viele vollendete Suizide verzeichnet die Landesregierung in den Jahren 2015 bis 2020? (Bitte eine Differenzierung nach Jahr, Alter, Geschlecht und Regierungsbezirk vornehmen)

Die nachfolgende Tabelle gibt die Daten aus der Todesursachenstatistik zu Suiziden wieder (Fallzahlen der ICD-10-Codes X60-X8, Datenquelle: IT.NRW). Daten für 2020 liegen noch nicht vor.

Bei den Zahlen handelt es sich um eine nachweisbare Untergrenze, da das Vorliegen eines Suizids bei Ausstellung der Todesbescheinigung oft noch unklar ist; später bekannt gewordene Informationen zur Todesursache fließen nicht in die Statistik ein. Niedrigere Zahlen auf den Regionalebenen ergeben sich durch die statistische Geheimhaltung, die bei kleinräumiger Gliederung geringe Fallzahlen nicht nachweist.

 

 

2015

2016

2017

2018

2019

Alter w m w m w m w m w m
0 – 14 2 1 3 1 6 2 1 1
15 – 19 11 12 9 28 6 25 8 18 6 10
20 – 24 14 41 8 49 14 38 9 40 12 40
25 – 29 16 57 15 57 8 61 13 48 17 51
30 – 34 19 67 16 66 17 63 13 41 19 53
35 – 39 17 59 16 62 21 64 18 53 18 59
40 – 44 41 73 26 87 19 57 24 59 18 65
45 – 49 47 105 44 125 28 109 28 71 27 72
50 – 54 47 129 48 136 56 121 51 119 31 114
55 – 59 37 114 51 119 47 107 55 119 29 102
60 – 64 32 87 43 110 31 80 23 78 29 100
65 – 69 26 63 21 80 25 69 26 72 26 58
70 – 74 29 71 32 71 21 67 23 56 17 60
75 – 79 25 89 35 115 41 98 28 95 19 83
80 – 84 28 73 30 59 25 68 19 79 28 69
≥ 85 39 62 44 74 27 91 34 82 29 79
Gesamt 430 1.103 441 1.239 392 1.120 372 1.030 326 1.016
                     
RB                    
Düsseldorf 118 312 116 327 119 309 106 262 89 307
Köln 106 277 122 324 230 257 96 230 85 217
Münster 61 163 56 175 42 158 49 148 39 139
Detmold 41 138 36 156 50 152 50 148 42 138
Arnsberg 71 185 93 222 69 222 57 226 46 203

Alter ist in Jahren angegeben; w: weiblich; m: männlich; „-„: nichts vorhanden (null)

 

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