Antrag
der Fraktion der AfD
Raus aus der politisch gewollten Geiselhaft der Energiewende – Kernkraft und Kohle sofort wieder ans Netz!
I. Ausgangslage
In ihrem Antrag 18/613 vom 23.08.2022 stellen die beiden regierungstragenden Fraktionen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen fest, dass Putins Regime Erdgas schon vor Kriegsbeginn als Waffe gegen die Europäische Union verwendet hat und dies bis heute tut.1
Im Spannungsverhältnis dazu steht die im Koalitionsvertrag der sogenannten „Ampelkoalition“ Ende November 2021 – unter maßgeblicher Mitwirkung von Bündnis 90/Die Grünen – festgelegte Absicht eines massiven Ausbaus von Gaskraftwerken zur Stromerzeugung: „Wir beschleunigen den massiven Ausbau der Erneuerbare [sic] Energien und die Errichtung moderner Gaskraftwerke, um den im Laufe der nächsten Jahre steigenden Strom- und Energiebedarf zu wettbewerbsfähigen Preisen zu decken“2. Putins „Waffe Erdgas“ erhält durch den so bekundeten Willen zum Aus- und Neubau von Gaskraftwerken noch mehr Munition. Die Absicht klang bereits im November 2021 abenteuerlich. Denn die Entwicklung der Gaspreise kannte bereits lange vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine nur eine Richtung, nämlich nach oben. So stieg der Erdgaspreis bis zur Bekanntgabe des Koalitionsvertrags am 24.11.2021 bereits um 264%3. Der Strompreis wurde entsprechend mit dem Gaspreis und der Verknappung des Marktes nach dem Abschalten von Kohle- und Kernkraftwerken mit in die Höhe gezogen.
Bis zum heutigen Tage gibt es keine ausreichenden wettbewerbsfähigen großtechnischen Verfahren für die Speicherung der für unsere Industriegesellschaft notwendigen Energie aus sogenannten Erneuerbaren Energien. Deshalb möchte die Ampelkoalition bis auf unbestimmte Zeit Gaskraftwerke nutzen: „Die bis zur Versorgungssicherheit durch Erneuerbare Energien notwendigen Gaskraftwerke müssen so gebaut werden, dass sie auf klimaneutrale Gase (H2-ready) umgestellt werden können. Erdgas ist für eine Übergangszeit unverzicht-bar.“4
Wie lange diese Übergangszeit andauern mag, verdeutlicht der Strommix bspw. am 10.09.2022. Kohle (44,6%) und Kernkraft (9,1%) stellten an diesem Tag rund 54% des benötigten Stroms, die nicht grundlastfähigen Quellen Solar (13,2%) und Wind (6,4%) nur rund 20%.5 Die Nutzung von Strom kann aber nur rund ein Fünftel der benötigten Primärenergie abdecken. Insbesondere Industrie und private Verbraucher sind auf Gas als Quelle zur Wärmeerzeugung und für Industrieanwendungen angewiesen.
Noch am 16.12.2021 verlautbarte die – wie heute CDU-geführte – Landesregierung in ihrer „Energieversorgungsstrategie 2.0“: „Wir benötigen für Nordrhein-Westfalen bereits bis 2030 einen Zubau wasserstofffähiger Gaskraftwerke von mindestens 4 Gigawatt, bei einem weitgehenden Kohleausstieg bis 2030 sogar deutlich mehr. Das Energiewirtschaftliche Institut in Köln sieht beim Kohleausstieg bis 2030 einen Zubaubedarf von mehr als 23 Gaskraftwerken deutschlandweit und mehr als sechs in Nordrhein-Westfalen, die technologisch direkt die Möglichkeit beinhalten, mit zunehmend sauberem Gas betrieben zu werden.“6
Festlegungen wie diese und die einseitige Fixierung auch der „Ampel“ auf Erdgas als „Brückentechnologie“ ignorieren die Notwendigkeit bezahlbarer Energie für unsere Bürger und unsere Industrie. Bezahlbare Energie ist in jedem Land der Welt ein Grundpfeiler für wachsenden Wohlstand und für hohe Standards bei der Versorgung der Menschen mit Gesundheit, Nahrung und Wasser.
Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat die vorhandenen Schwächen der deutschen Energiepolitik der letzten beiden Jahrzehnte schonungslos offen gelegt. Diese Energiepolitik hat die Bezahlbarkeit, die Umweltverträglichkeit und die Zuverlässigkeit unserer Energieversorgung dem Ziel „Klimaschutz“ untergeordnet.
In einem Preisvergleich von 40 Ländern bezogen auf Strom hatte Deutschland im Jahr 2021 hinter den Bermudas den zweithöchsten Strompreis. Während die Erhebung von GlobalPet-rolPrices für Deutschland einen Preis je Kilowattstunde von 36 Cent für private Haushalte nennt, liegen Wettbewerber wie China bei 9 Cent, Frankreich bei 21 Cent und die sonst als sehr teuer eingeschätzte Schweiz bei 23 Cent (alle in US-Dollar).7 Derweil bewirken Windindustrieanlagen eine enorme Flächenversiegelung und führen nicht nur zum Vogelschlag, sondern töten im Sommer täglich mehrere Milliarden Insekten.8 Die für die Windindustrieanlagen notwendigen Rohstoffe wie Neodym werden unter menschenunwürdigen Bedingungen beispielsweise in China abgebaut.9 Mangelnde Bezahlbarkeit und fehlende Umweltverträglichkeit gehen dann einher mit dem blindwütigen Ausbau zweier Energieversorgungsarten, deren Grundlastfähigkeit bei PV-Anlagen bei 0 Prozent liegt und bei Windindustrieanlagen über alle Anlagen hinweg bei 1 Prozent.
Um unsere Energieversorgung wieder in die Nähe von Bezahlbarkeit, Umweltverträglichkeit und Versorgungssicherheit zu führen und insbesondere das anhaltend hohe Niveau von insbesondere Gaspreisen zu dämpfen, müssen alle Möglichkeiten der Energiegewinnung und – versorgung ideologiefrei und technologieoffen genutzt werden.
Andernfalls wird sich die Talfahrt der deutschen Wirtschaft weiter beschleunigen und auch Branchen treffen, die nicht unbedingt an erster Stelle genannt werden, wenn hohe Preise für Energie oder deren Knappheit thematisiert werden. „Wegen der hohen Gaspreise haben die Düngemittelhersteller ihre Produktion gedrosselt. Das hat ungeahnte Folgen für Brauereien, Mineralquellen, Gemüsebauern, Händler und Schlachthöfe. Ihnen allen fehlt kurzfristig CO2.“ So untertitelt die FAZ einen Artikel, den sie mit „Wen die Gaskrise unerwartet trifft“ über-schreibt.10
Zu erwarten ist, dass es viele kleinere, eher unbekannte Unternehmen und Unternehmer treffen wird. Nicht alle sind so bekannt wie der im Insolvenzverfahren befindliche Düsseldorfer Hersteller von Hygienepapier Hakle GmbH, der darüber hinaus den zuständigen Behörden und Ministerien ein trauriges, alarmierendes und vernichtendes Zeugnis ausstellt. Das Handelsblatt schreibt: „Der Chef des insolventen Toilettenpapierherstellers Hakle macht auch die verzögerte Auszahlung von Staatshilfen für seine Insolvenzanmeldung verantwortlich. „Hätten wir die Staatshilfe schneller bekommen, wären wir jetzt nicht zahlungsunfähig“, sagte Inhaber Volker Jung dem Handelsblatt. „Wir reden von einem siebenstelligen Betrag, der uns zugestanden hätte – und den wir dringend zur Finanzierung unserer Energiekosten gebraucht hätten.“ Die Herstellung von Toilettenpapier gilt als energieintensiv. Der Staat hatte versprochen, Unternehmen wie Hakle mit dem Energiekostendämpfungsprogramm (EKDP) zu unterstützen. Nach eigenem Bekunden hat Hakle am 18. Juli einen Antrag gestellt. „Mitte August haben wir nachgefragt. Vom zuständigen Amt hieß es, dass sie noch das IT-System dafür aufbauen müssten“, so Jung. „Bis zum Insolvenzantrag haben wir keinen Cent gesehen, nun sind wir nicht mehr empfangsberechtigt.“11
Geradezu grotesk mutet in diesem Zusammenhang der Fall des Essener Unternehmens Tri-met Aluminium SE an, der die Absurdität der falschen und gefährlichen Energiepolitik im Bund und in Nordrhein-Westfalen zeigt. Aufgrund der hohen Energiekosten musste Trimet seine eigene Produktion einschränken, konnte aber anschließend zumindest durch den Verkauf des Stroms, der für die eigene Produktion zu teuer ist, die durch die Produktionseinstellung anfallenden Verluste zu einem kleinen Teil ausgleichen.12
Völlig unbeeindruckt von den wirtschaftlichen Verwerfungen und entgegen dem Rat vieler Sachverständiger beschloss Bundeswirtschaftsminister Habeck – mitten im Wahlkampf zur Landtagswahl in Niedersachsen – das Kernkraftwerk in Lingen stilllegen zu lassen und die anderen beiden Kernkraftwerke in Bayern und Baden-Württemberg in einen – technisch völlig irrationalen – sogenannten „Reservebetrieb“ zu stellen.13
Für eine Rückkehr zu einer bezahlbaren, versorgungssicheren und umweltverträglichen Energieversorgung sind grundlegende Richtungsänderungen notwendig.
II. Der Landtag stellt fest:
- Die sich für das Lieferjahr 2022 abzeichnenden Preise für Strom und Gas sind für weite Bevölkerungsschichten und viele Unternehmen jenseits zumutbarer Belastungsgrenzen.
- Putins Möglichkeit, Gas als Waffe einzusetzen, ist das Ergebnis einer in den Kanzler-schaften von Gerhard Schröder und Angela Merkel leichtfertig herbeigeführten Abhängigkeit von russischem Gas.
- Gaskraftwerke wurden nach dem Beginn des Krieges nicht ausreichend durch in der Reserve befindliche Kohlekraftwerke ersetzt.
- Durch das Nichtwiederanfahren von Kohlekraftwerken wurde der Bedarf für LNG-Gas erhöht. Dadurch wurden auf dem Weltmarkt LNG-Mengen gekauft, die anderen Ländern zustanden und die dort nun für deren Produktion fehlen.
- Die bevölkerungsreichsten Länder der Welt verweigern sich den Sanktionen und kaufen weiterhin Gas, Öl und Kohle aus Russland.
- Durch die alternativen Absatzmärkte wie China, Indien oder auch die Türkei treffen die Sanktionen am Ende mehrheitlich die sanktionierenden westlichen Staaten, während das russische Unternehmen Gazprom durch die höheren Spotmarktpreise allein im ersten Halbjahr mehr als 40 Milliarden US-Dollar Gewinn machte.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:
- Sich auf allen Ebenen umgehend für eine dauerhafte Inbetriebnahme aller in Reserve befindlichen Kohlekraftwerke einzusetzen;
- sich auf allen Ebenen für einen dauerhaften Weiterbetrieb der bestehenden Kernkraftwerke einzusetzen;
- sich auf allen Ebenen für eine dauerhafte Wiederinbetriebnahme der zum Ende des letzten Jahres abgeschalteten Kernkraftwerke einzusetzen;
- sich auf allen Ebenen für eine Forschungsinitiative einzusetzen, die u.a. als Ziel die Erforschung von inhärent sicheren Kernkraftwerken der vierten Generation beinhaltet, die die bisherigen Reststoffe der bekannten, alten Kernkraftwerke recyceln und energetisch nutzen können;
- sich auf allen Ebenen für die langfristige Nutzung der Braunkohle als heimischen Rohstoff einzusetzen;
- sich auf allen Ebenen für eine Abschaffung der CO2-Abgabe auf Brennstoffe und für eine Halbierung der Energiesteuer einzusetzen.
Christian Loose
Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith
und Fraktion
1 Vgl. Drucksache 18/613 Landtag Nordrhein-Westfalen, 18. Wahlperiode, ausgegeben am 23.08.2022.
2 MEHR FORTSCHRITT WAGEN BÜNDNIS FÜR FREIHEIT, GERECHTIGKEIT UND NACHHALTIGKEIT KOALITIONSVERTRAG ZWISCHEN SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN UND FDP, https: // www.bundesregierung.de/re-source/blob/974430/1990812/04221173eef9a6720059cc353d759a2b /2021-12-10-koav2021-data.pdf?download=1, Seite 59, abgerufen am 12.09.2022.
3 15,56 Euro pro MWh am 01.01.2022; 56,66 Euro pro MWh am 24.11.2022; jeweils TTF und Lieferjahr 2022.
4 KOALITIONSVERTRAG ZWISCHEN SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN UND FDP, a.a.O. Seite 59, abgerufen am 12.09.2022.
5 Vgl. https ://www.faz. net / aktuell/, abgerufen am 12.09.2022.
6 Plenarprotokoll 17/156 vom 16.12.2021, Landtag Nordrhein-Westfalen, 17. Wahlperiode, S. 19ff.
7 Vgl. https: //de.statista.com/ statistik/daten / studie/13020/umfrage/strompreise-in-ausgewaehlten-laendern/, abgerufen am 15.09.2022.
8 https: //www.dlr.de/tt/Portaldata/41 / Resources/dokumente/st/et_1810_10_3_Trieb_BCDR_51-55_ohne.pdf, abgerufen am 15.09.2022.
9 Vgl. http: // mothersdirt.net/2016/01/07 /baotou-chinas-hoelle-auf-erden/, abgerufen am 15.09.2022.
10 https: // www.faz. net /aktuell/wirtschaft / unternehmen/gaskrise-co2-fuer-kohlensaeure-ist-derzeit-knapp-wie-nie-18316281.htm l?prem ium, abgerufen am 15.09.2022.
11 https :// www.handelsblatt. com/unternehmen/insolvenz-hakle-chef-haetten-wir-die-staatshilfe-schneller-bekommen-waeren-wir-jetzt-nicht-zahlungsunfaehig/28674050.html, abgerufen am 15.09.2022.
12 Vgl. https:/ /www.ruhr24.de/nrw / essen-trimet-strom-alum inium-hersteller-produktion-kunden-2022-preis-krise-nrw-91670833.html, abgerufen am 15.09.2022.
13 Vgl. https:/ /www.bild.de/politik / inland/politik-inland/strom-strategie-wirtschaftsweise-hauen-ha-becks-akw-plan-in-die-tonne-81312586.bild.html, abgerufen am 15.09.2022.