Gerechtigkeit für jedermann: Das Prinzip der Rechtsgleichheit muss im Strafrecht wei-terhin für alle gelten. Gegen die Einführung eines zusätzlichen Mordmerkmals „Femi-zid“

Antrag
vom 04.07.2025

Antrag

der Fraktion der AfD

Gerechtigkeit für jedermann: Das Prinzip der Rechtsgleichheit muss im Strafrecht wei­terhin für alle gelten. Gegen die Einführung eines zusätzlichen Mordmerkmals „Femi-zid“

I. Ausgangslage

Der Satz „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ ist ein fundamentaler Grundsatz moder­ner Rechtsstaaten und Ausdruck des Prinzips der Rechtsgleichheit. Seine Wurzeln reichen weit zurück in die Geschichte der politischen und rechtlichen Ideen. Bereits im antiken Grie­chenland wurde die Vorstellung entwickelt, dass freie Bürger gleich behandelt werden sollten – ein früher Ausdruck dessen, was später als „Gleichheit vor dem Gesetz“ bezeichnet wurde.1

In Deutschland wurde das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz im 19. Jahrhundert im Zuge der liberalen Verfassungsbewegungen immer wichtiger. Nach den Erfahrungen des National­sozialismus fand der Satz „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ Eingang in das Grund­gesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland. Artikel 3 Abs. 1 GG formuliert diesen Satz klar und unmissverständlich als Leitlinie für staatliches Handeln.

Im Strafrecht bedeutet die Gleichheit vor dem Gesetz, dass alle Menschen, unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht, sozialem Status oder anderen persönlichen Merkmalen, gleich behandelt werden müssen.2 Gesetze müssen für alle gelten und dürfen nicht selektiv ange­wendet werden. Strafrechtliche Sanktionen sollen objektiv und unparteiisch verhängt werden.3

Gleichwohl wird in den vergangenen Jahren unter dem Begriff „Femizid“ zunehmend die For­derung laut, ein spezifisches Mordmerkmal einzuführen.4 Eine solche Gesetzesinitiative ist je­doch aus verschiedenen Gründen abzulehnen.

  1. Begriffliche Grundlagen und definitorische Unschärfen des Begriffs „Femizid“

Der Begriff „Femizid“ ist im Strafgesetzbuch (StGB) nicht verankert. Er geht auf die Feministin und Soziologin Diana E. H. Russell zurück, die 1976 den neutralen Begriff „homicide“ (Tötung) um das Konzept „femicide“ ergänzte. Mit dieser Wortschöpfung sollen Tötungen an Frauen beschrieben werden, die eine geschlechtsbezogene Motivation aufweisen – laut Russell han­delt es sich dabei um die Tötung einer Frau, „weil sie eine Frau ist“. Dies könne etwa bei Tötungen durch (Ex-)Partner, bei Tötungen im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt oder bei Attentaten auf Frauen der Fall sein.5

Auf Bundesebene ist der Begriff „Femizid“ durch die Bundesregierung nicht anerkannt. Bis heute fehlt es an einer klaren rechtlichen Definition und einer verbindlichen Interpretation des Begriffs.6 Auch in Nordrhein-Westfalen findet der Begriff „Femizid“ weder in den Erfassungs­richtlinien der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) noch in der Justizstatistik explizit Verwen-dung.7

Gleichzeitig zeigt der Blick ins Ausland, dass eine gesetzliche Einführung dieses Begriffs auf­grund seiner unklaren Definition mit erheblichen Problemen verbunden ist und zu Unsicher­heiten in der Strafverfolgung führt.8

Der Begriff „Femizid“ ist daher als Kunstwort anzusehen, dem bislang eine präzise und ein­heitliche Definition fehlt.

  1. Rechtsstaatlichkeit und Gleichbehandlung vor dem Gesetz

Ein grundlegendes Prinzip des deutschen Rechtsstaats ist die Gleichbehandlung aller Bürger vor dem Gesetz.

Ein zusätzliches Mordmerkmal unter dem Kunstwort „Femizid“ stellt dieses Prinzip infrage. Es birgt die Gefahr, Opfer anderer Morde ungleich zu behandeln und eine hierarchische Bewer­tung von Opfergruppen zu fördern. So führt die Differenzierung dazu, dass Opfer männlicher Täter, die nicht aufgrund geschlechtsspezifischer Beweggründe ermordet werden, weniger Beachtung finden.9

  1. Fehlen der Notwendigkeit einer gesonderten Kategorisierung

Das deutsche Strafrecht stellt zahlreiche Mechanismen zur Verfügung, um besonders gela­gerte Tötungsdelikte adäquat zu ahnden.

Für eine Verurteilung gemäß § 211 StGB ist erforderlich, dass eine Tötung mit einem der ge­setzlich normierten Mordmerkmale verknüpft ist. Im Zusammenhang mit Tötungen unter dem Kunstwort „Femizid“ stehen dabei insbesondere zwei Mordmerkmale im Vordergrund: Heim­tücke gemäß § 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1 StGB und niedrige Beweggründe gemäß § 211 Abs. 2 Gr. 1 Var. 4 StGB.10

Die Verwirklichung des Mordmerkmales „heimtückisch“ setzt voraus, dass der Täter die Arg-und daraus folgende Wehrlosigkeit seines Opfers bewusst ausnutzt, um das Opfer zu töten.11 Hierunter fallen insbesondere Morde, die im Kontext von Beziehungstaten oder häuslicher Ge­walt begangen werden. So ist das Mordmerkmal der Heimtücke typischerweise bei geplanten Taten gegeben, bei denen das Opfer nach einer Trennung durch den nachstellenden Ex-Part­ner überrascht und getötet wird oder das Opfer dem Wunsch nach einer letzten Aussprache nachkommend in eine schutzlose Lage gerät, die der Täter gezielt mit Tötungsvorsatz aus-nutzt.12

„Niedrige Beweggründe“ liegen vor, wenn die Tat nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefs­ter Stufe steht und deshalb besonders verachtenswert ist.13 Darunter fallen Morde, die aus „Frauenhass“ begangen werden, aber insbesondere auch Trennungstötungen, bei denen Macht- und Besitzansprüche des Täters von Bedeutung sind.14 Jedoch sind auch andere Mordmerkmale je nach Fallgestaltung denkbar.

Es zeigt sich, dass das Strafrecht bereits jetzt die Möglichkeit einer differenzierten strafrecht­lichen Bewertung, bei der auch die Motivation des Täters – einschließlich geschlechtsspezifi­scher Beweggründe – berücksichtigt werden kann, bietet.15 Eine Strafbarkeitslücke, die die Einführung eines zusätzlichen Mordmerkmals begründen kann, besteht indes nicht.16

Vor diesem Hintergrund erscheint die Einführung eines zusätzlichen Mordmerkmals unter dem Kunstwort „Femizid“ weder notwendig noch zielführend.

  1. Gesellschaftspolitische Implikationen und Falschinterpretationen

Die Diskussion um das Kunstwort „Femizid“ ist Teil eines gesellschaftspolitischen Diskurses, der ideologisch dem linken Meinungsspektrum zu entlehnen ist.17

Die Einführung eines speziellen Mordmerkmals wird insgesamt als politisches Symbol genutzt, ohne dass sie tatsächlich zu einer signifikanten Verbesserung der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen beiträgt. Bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ist es vielmehr imma­nent, differenziert und klar ohne ideologische Verzerrung vorzugehen. Statt auf pauschale Ka­tegorien zu setzen, ist der Fokus auf konkrete Maßnahmen zu legen, die wirksam Gewalt ver­hindern und Täter konsequent bestrafen.18

  1. Fazit

Die Einführung eines zusätzlichen Mordmerkmals unter dem Kunstwort „Femizid“ ist daher abzulehnen. Es gibt keinen überzeugenden rechtlichen, praktischen oder gesellschaftspoliti­schen Grund, ein solches Merkmal zu schaffen. Das Strafrecht bietet ausreichend Mechanis­men, um Morde, die aufgrund von Misogynie oder geschlechtsspezifischen Motiven begangen wurden, zu bestrafen.

Statt ideologisch geprägte neue Gesetzesinitiativen zu verfolgen, ist der Fokus auf die beste­hende Rechtsordnung zu legen. Diese gilt es gezielt zu stärken und konsequent anzuwenden, um nicht nur Gewalt gegen Frauen wirksam und nachhaltig zu bekämpfen.

Das bedeutet, die Täter konsequent zur Rechenschaft zu ziehen und den Opfern gerecht zu werden, ohne das Prinzip der Rechtsgleichheit zu gefährden.

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Der Begriff „Femizid“ ist nicht Teil des deutschen Strafrechts.
  2. Die Tatbestände des Mordes gemäß § 211 StGB sind bereits hinreichend ausgeprägt, um alle Formen von Mord zu erfassen.
  3. Die Schaffung eines speziellen Mordmerkmals unter dem Begriff „Femizid“ führt zu einer Überkomplexität und zu einer unklaren Differenzierung von Morden, die das deutsche Rechtssystem unnötig belastet.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. sich auf allen Ebenen gegen die Einführung eines zusätzlichen Mordmerkmals unter dem Begriff „Femizid“ einzusetzen und
  2. sich zukünftig dafür einzubringen, den rechtlichen Rahmen der Strafverfolgung von Ge­walttätern klar und verständlich zu gestalten, ohne zusätzliche ideologisch geprägte Dif­ferenzierungen im Strafgesetzbuch vorzunehmen.

Thomas Röckemann
Enxhi Seli-Zacharias
Dr. Martin Vincentz
Christian Loose

und Fraktion

 

MMD18-14549

 

1 Vgl. Stern/Sodan/Möstl StaatsR/Müller-Franken, 2. Aufl. 2022, § 13

2 Vgl. Sachs/Nußberger/Hey, 10. Aufl. 2024, GG Art. 3 Rn. Vor 1-325

3 Vgl. NK-StGB/Neumann/Saliger, 6. Aufl. 2023, StGB vor § 1

4 Vgl. Montenegro, JZ 2023, 549-557

13 St. Rspr., vgl. z.B. BGH 28.3.2024 – 4 StR 370/23, Rn. 30

14 Schneider, ZRP 2021, S. 183

15 Leitmeier, jM 2025, 145-147

16 Vgl. Habermann, NK 2021, 189-208 (200)

17 Vgl. https://jungefreiheit.de/debatte/forum/2025/bka-auf-abwegen-femizid-und-co-als-sackgasse/, zuletzt abge­rufen am 26.06.2025, um 11:50 Uhr.

18 Vgl. Habermann, NK 2021, 189-208

5 Vgl. https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/regierungsfraktionen-zu-gewalt-gegen-frauen-femizid-mordmerk-male, zuletzt abgerufen am 23.06.2025 um 17:10 Uhr.

6 Vgl. https://tu-dresden.de/bu/der-bereich/chancengleichheit/fun/news/factfriday-femizide, zuletzt abgerufen am 26.06.2025 um 10:00 Uhr.

7 Vgl. KA-Drs. 18/4095

8 Montenegro, JZ 2023, 549-557

9 Vgl. Habermann, NK 2021, 189-208

10 J. Habermann, Partnerinnentötungen und deren gerichtliche Sanktionierung, 1. Aufl. 2023, Springer VS, S. 147.

11 St. Rspr., vgl. z.B. BGH 24.1.2024 – 1 StR 363/23, Rn. 9

12 J. Habermann, Partnerinnentötungen und deren gerichtliche Sanktionierung, 1. Aufl. 2023, Springer VS, S. 141.