Antrag der Fraktion der AfD vom 12.12.2017
I. Ausgangslage
Die ganze Welt schaut auf den Zivilprozess des peruanischen Kleinbauern Saúl Lliuya gegen RWE Power AG.
Der Kläger ist Miteigentümer eines Wohnhauses in der Stadt Huaraz in Peru. Die Stadt liegt am Fuße der Anden unterhalb eines Gletschersees. Der Kläger legt dem Gericht dar, dass sein Eigentum von einer Überschwemmung bedroht sei, wenn es zu einer Schmelze der Palcaraju-Gletscher kommen sollte. Nach der Auffassung des Klägers sei die Ursache der möglichen Gletscherschmelze der Klimawandel.
Die RWE Power AG als größter CO2-Emittent in Deutschland würde nach seiner Schätzung zu 0,47 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen beitragen. Der Kläger verlangt in erster Linie die Feststellung, dass die Beklagte entsprechend ihrem Anteil an den Treibhausgasemissionen verpflichtet sei, die Wassermenge im Gletschersee zu senken und die Kosten für einen Damm als Schutz vor einer Gletscherflut zu tragen (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gem. § 1004 BGB).
Das Landgericht Essen hat die Klage des Peruaners in erster Instanz abgewiesen (Az. 2 O 285/15 LG Essen). Nach eingelegter Berufung hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Hamm am 30. November 2017 jedoch zur Überraschung aller Beteiligten einen Hinweis- und Beweisbeschluss in dem Zivilstreit angeordnet (Az. 5 U 15/17 OLG Hamm).
Der Senat folgt in seinem Beschluss den Ausführungen des Klägers: „Die Klage sei, so der Senat, zulässig und mit dem Hauptantrag des Klägers auch schlüssig begründet“ und „es entspreche der gesetzlichen Systematik, dass auch derjenige, der rechtmäßig handele, für von ihm verursachte Eigentumsbeeinträchtigungen haften müsse.“ (Pressemitteilung OLG Hamm 30.11.2017).
Mit der Entscheidung die Beweisaufnahme zu eröffnen, hat das OLG Hamm rechtliches Neuland betreten. Damit hält das OLG Hamm den von Menschen gemachten Klimawandel für plausibel und sieht das mögliche Abschmelzen der Gletscher in den Anden in einem Zusammenhang mit einem deutschen CO2-Emittenten. Zudem wird der gesetzliche Emissionshandel mit CO2-Zertifikaten nicht als Haftungsausschluss anerkannt. Ein einziger Sachverständiger soll jetzt über die Grundsätzlichkeit der verursachten Eigentumsbeeinträchtigung des Klägers befinden.
Die rechtlichen, politischen, ökologischen und ökonomischen Folgen eines Urteils sind unabsehbar. Selbst wenn diese Klage vor Gericht scheitern sollte, hat die Entscheidung, die Beweisaufnahme durchzuführen, Signalwirkung dahingehend, dass CO2-Emittenten wie die RWE Power AG grundsätzlich für Schutzmaßnahmen vor Klimaschäden verantwortlich gemacht werden können. Da nicht das Ausmaß des CO2-Ausstoßes, sondern die Feststellung eines kausalen Zusammenhangs von CO2-Emittent und Klimafolge genügt, sind die Klagen nicht mehr nur auf Großemittenten beschränkt. Mit dem Beweisbeschluss können CO2-Emittenten immer wieder vor den Kadi gezerrt werden. Der gesamte Industriestandort ist durch solche Klagen bedroht.
Das Risiko für Arbeitnehmer und Industrie ist sehr hoch. Geldgeber scheuen das Risiko und werden nur noch bei entsprechend hoch zu erwartenden Renditen in die entsprechende Technik investieren.
Während in Deutschland die konventionellen Kraftwerke als sichere, stabile und günstige Energieversorgung verschwinden werden, werden um Deutschland herum neue Kraftwerke gebaut. Um die Grundlast in Deutschland zukünftig zu decken, wird ausländischer Strom teuer importiert werden müssen, welcher überwiegend Strom aus fossilen Energiequellen oder unsicheren Kernkraftwerken sein wird.
Früher wurde eine Überschwemmung als Folge einer Gletscherschmelze noch als Akt höherer Gewalt verstanden. Die höhere Gewalt war nach deutscher Rechtsprechung ein von außen kommendes, in keinem betrieblichen Zusammenhang stehendes, nicht abwendbares Ereignis wie z.B. Unwetter, Erdbeben, Hochwasser, Starkregen, Vulkanausbrüche wie auch eine Überschwemmung als Folge einer Gletscherschmelze.
In der gegenwärtigen Entwicklung wird die höhere Gewalt als anthropogen umgedeutet und existiert in ihrer ursprünglichen Bedeutung nicht mehr. Alle schadensverursachenden Naturereignisse werden in einem betrieblichen Zusammenhang gesehen und somit zu abwendba-ren Folgen des Klimawandels erklärt. Mit dem Begriff Klimafolgen wird die höhere Gewalt ins Widernatürliche verkehrt. Das schließt die Haftung im Schadensfall in der Regel nicht mehr aus und erlaubt so eine Flut an weiteren Klagen gegen CO2-Emittenten.
Auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen wird durch die Betonung auf „globale Verantwortung“ im Klimaschutz die Anthropologisierung der höheren Gewalt weiter vorangetrieben. Klägern wird es zukünftig leichter fallen, sich in der Begründung ihrer Klagen auf die Aussagen der Bundes- und Landesregierung zu stützen.
II. Der Landtag stellt fest,
– dass die nordrhein-westfälischen Unternehmen mehr Rechtssicherheit im Klimaschutz brauchen;
– dass höhere Gewalt, wie z.B. eine Überschwemmung, als Folge einer Gletscherschmelze ein von außen kommendes unabwendbares Ereignis ohne betrieblichen Zusammenhang ist.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- die Rechtsfolgen, welche sich aus der Klimaklage des peruanischen Kleinbauern Saúl Lliuya für NRW-Unternehmen geben, zu evaluieren.
- ihrer Schutzfunktion für nordrhein-westfälische Unternehmen vor unberechtigten Klagen im Klimaschutz gerecht zu werden.
- geeignete Maßnahmen, wie z.B. die Einführung einer Force-Majeure-Klausel im Umweltrecht, für die Wiederherstellung der Rechtssicherheit im Klimaschutz zu entwickeln.
Christian Loose
Dr. Christian Blex
Andreas Keith
und Fraktion