Ausbildungsstellen-„Missmatch“ beheben

Kleine Anfrage
vom 28.11.2017

Kleine Anfrage 576
der Abgeordneten Iris Dworeck-Danielowski und Dr. Martin Vincentz AfD

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Laut der Pressemitteilung „Bilanz am Ausbildungsmarktes 2016/17“ vom 02.11.2017 zeigte die Entwicklung des Ausbildungsmarktes kaum Veränderungen zum Guten. Immer noch gibt es zu viele unversorgte Jugendliche und unbesetzte Ausbildungsstellen, bei zunehmender Qualifikation der Bewerber. 40,2 Prozent von ihnen hatten Abitur oder Hochschulreife. Aber trotz einer sehr hohen Anzahl an Bewerbern, gerade in kaufmännischen Berufen, blieben viele Ausbildungsstellen unbesetzt. So zum Beispiel, in NRW, der Ausbildungsberuf zum Kaufmann für Büromanagement. Trotz einer hohen Anzahl an Bewerbern, mit 694 Personen, sind immer noch 237 Stellen unbesetzt.

Bei 450 Bewerbern als Verkäufer sind ganze 445 Ausbildungsstellen unbesetzt geblieben. Das legt den Schluss nahe, dass die Anforderungen an die Bewerber entweder zu hoch sind, oder die Vorstellungen eines Bewerbers, über die Art und Weise des Berufseinstiegs, unrealistisch sind.

Rund 6,1 Prozent der Bewerber um eine Ausbildungsstelle wählen eine Alternative in Form eines Freiwilligen Sozialen Jahres, eines Auslandaufenthalts oder einer anderweitigen Erwerbstätigkeit, um drohende Arbeitslosigkeit zu vermeiden.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Was unternimmt die Landesregierung, um eine bessere Nutzung der vorhanden Ausbildungsplätze zu erreichen?
  2. Welche Hemmnisse sieht die Landesregierung, die einer optimalen Nutzung der Ausbildungsplätze entgegenstehen?
  3. Welche Maßnahmen und Möglichkeiten sieht die Landesregierung, den potenziellen Bewerbern – auch schon in der Schule – ein realistisches Bild von Ausbildung und Arbeitswelt zu vermitteln?

Iris Dworeck-Danielowski

Dr. Martin Vincentz

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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,

namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 576 im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Bildung wie folgt:

  1. Was unternimmt die Landesregierung, um eine bessere Nutzung der vorhandenen Ausbildungsplätze zu erreichen?

Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen verfolgt gemeinsam mit den Sozialpartnern und Kammern im Ausbildungskonsens das Ziel, eine bessere Ausnutzung der vorhandenen Ausbildungsplatzkapazitäten zu erreichen.

Die Vermittlung von jungen Menschen in Ausbildung und Arbeit erfolgt dabei in der Regel über die Berufsberatung bzw. den Arbeitgeber-Service (AG-S) der Agenturen für Arbeit sowie der Jobcenter. Sie sind kompetenter Partner bei der Suche nach geeigneten Ausbildungsstellen bzw. geeigneten Auszubildenden und haben einen umfassenden, diffe­renzierten Überblick über den örtlichen, regionalen, aber auch bundes­weiten Ausbildungsmarkt.

Die Landesregierung wird diese Bemühungen auch künftig mit geeigne­ten Maßnahmen flankieren, um jungen Menschen möglichst rasch eine passgenaue Anschlussperspektive nach dem Schulabschluss aufzuzei­gen.

Darüber hinaus wird auch die seit dem 1. August 2017 anwendbare Flexibilisierung der Fachklassenbildung zur Sicherung ortsnaher Beschulungsmöglichkeiten durch die im Haushalt 2018 vorgesehenen 250 zusätzlichen Lehrerstellen unterstützt. Auch stehen 8,4 Millionen Euro zur Bezuschussung von Unterbringungskosten bei notwendigem auswärtigem Berufsschulbesuch im Haushaltsentwurf der Landesregie­rung. Mit beiden Maßnahmen werden mögliche Hürden für die Nutzung von Ausbildungsplatzangeboten abgebaut.

  1. Welche Hemmnisse sieht die Landesregierung, die einer optima­len Nutzung der Ausbildungsplätze entgegenstehen?

Der Ausbildungsmarkt in Nordrhein-Westfalen ist laut Statistik der Regionaldirektion (RD) Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur (BA) vorrangig von Versorgungsproblemen gekennzeichnet.

Im September 2017 standen demnach 110.891 gemeldeten Berufsaus­bildungsstellen 136.973 gemeldete Bewerberinnen und Bewerber für Berufsausbildungsstellen gegenüber. Insgesamt stehen je Bewerberin bzw. Bewerber rechnerisch lediglich 0,81 Stellen zur Verfügung.

In einzelnen Bereichen kennzeichnen jedoch auch Passungsprobleme die Ausbildungsmarktentwicklung in Nordrhein-Westfalen. So blieben laut Statistik der BA zum 30. September 2017 in Nordrhein-Westfalen 7.461 Ausbildungsstellen unbesetzt und 7.324 Bewerberinnen und Be­werber unversorgt.

Passungsprobleme entstehen dann, wenn ausbildungsrelevante Vor­stellungen und Wünsche auf beiden Seiten des Marktes (Jugendliche, Betriebe) voneinander abweichen und sich beide Seiten nicht so weit annähern, dass sie zu einem Ausbildungsvertragsabschluss gelangen.

  1. Welche Maßnahmen und Möglichkeiten sieht die Landesregie­rung, den potenziellen Bewerbern — auch schon in der Schule — ein realistisches Bild von Ausbildung und Arbeitswelt zu vermitteln?

An den Schulen in Nordrhein-Westfalen ist die Berufs- und Studienorien­tierung ein fester Bestandteil des Unterrichts. Die Grundlage für die Um­setzung ist die Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss — Über­gang Schule – Beruf in NRW“ (KAoA). Sie basiert auf einstimmigen Be­schlüssen des Spitzengesprächs Ausbildungskonsens und sichert seit 2012 aufbauend unter Beteiligung aller Partner einen systematischen Orientierungsprozess für alle Schülerinnen und Schüler ab der 8. Jahr­gangsstufe hin zum Beruf über Ausbildung oder Studium.

KAoA ist damit ein wichtiger struktureller Ansatz für eine individuelle Auseinandersetzung mit eigenen Potenzialen und tatsächlich vorhande­nen beruflichen Perspektiven.

Mit freundlichen Grüßen

Karl-Josef Laumann