Kleine Anfrage 5996der Abgeordneten Helmut Seifen, Thomas Röckemann und Dr. Christian Blex vom 22.11.2021
Impfpflicht für Studenten?
Wegen der ins Stocken geratenen Impfkampagne sind die Regierungen auf der Suche nach Mitteln und Wegen, die Impfbereitschaft zu erhöhen. So hat zum Beispiel die nordrhein-westfälische Landesregierung für viele Bereiche des Lebens „3G“ („geimpft, genesen oder getestet“) verordnet und angekündigt, dass ungeimpfte Personen, denen Quarantäne verordnet wird, ab dem 11. Oktober 2021 keine Verdienstausfallentschädigung mehr erhalten werden1. Voraussichtlich werden zu diesem Datum zudem die Bürgertests kostenpflichtig.
Auch Studenten sind von dem finanziellen Druck betroffen, wie zum Beispiel die Planung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) für das kommende Wintersemester 2021/222 zeigt: Es ist geplant, dass der Lehrbetrieb wieder in Präsenz stattfindet. Voraussetzung für die Teilnahme ist in diesem Fall „3G“. Digitale Begleitangebote sind eine Soll-Vorschrift für Dozenten und somit nicht verpflichtend. Auch scheint nicht vorgeschrieben zu sein, dass die digitalen Begleitangebote, sollten sie denn angeboten werden, ein gleichwertiges Lernen ermöglichen müssen.
Zu der voraussichtlichen Kostenpflichtigkeit der Tests ab dem 11. Oktober heißt es von der HHU: „Etwaige Kosten für notwendige Tests können aber von der HHU nicht übernommen werden.“ Für Studenten bedeutet dies eine Mehrbelastung von rund 200 Euro pro Monat (drei Tests pro Woche, 4,5 Wochen pro Monat, 15 Euro pro Test3), die im ohnehin schon knappen BAföG-Satz nicht vorgesehen ist.
Daher scheint es so, dass die Freiwilligkeit der Impfung ausschließlich für diejenigen Studenten gegeben ist, die sich regelmäßige Tests oder eine Verlängerung des Studiums leisten können. Bezüglich der Freiwilligkeit der Impfung lässt auch ein Tweet der Rektorin der HHU, Anja Steinbeck, aufhorchen: Auf die Frage, was die HHU plant, sollte Nordrhein-Westfalen zu „2G“ (ausschließlich geimpft oder genesen) wechseln, antwortete sie:
„Die Frage war: was machen Ungeimpfte, wenn bald 2G gelten sollte. Aus Sicht derer war – unter Geltung von 3G – Plan A: Testen. Genügt das nicht mehr – weil 2G gilt -, müssen sie auf Plan B, nämlich Impfen, umschwenken. So war’s gemeint. […]“4
(Hervorhebung durch die Verfasser)
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Befürwortet die Landesregierung eine Impfpflicht gegen COVID-19 für Studenten?
- Wie planen die Universitäten und Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen das kommende Wintersemester 2021/22? (Bitte aufschlüsseln nach Präsenzlehre ja/nein, „3G“ ja/nein, Übernahme der Testkosten für Studenten ja/nein und Form der Lehre im Fall von „2G“)
- Inwieweit ist die Impfung für Studenten freiwillig, wenn der Universitätsbesuch „3G“ voraussetzt, die Studenten sich die Tests oder eine Verlängerung des Studiums aber nicht leisten können?
- Wie bewertet die Landesregierung die Aussage der Rektorin der HHU, Anja Steinbeck, dass sich Studenten impfen lassen „müssen“, sollte es in Nordrhein-Westfalen zu einer „2G“-Regelung kommen?
- Warum werden für Studenten keine regelmäßigen Tests und eine Bescheinigung des Ergebnisses angeboten, wie es bei Schülern beziehungsweise Berufsschülern der Fall ist?
Thomas Röckemann
Dr. Christian Blex
Helmut Seifen
1 https://www.stern.de/news/ungeimpften-droht-ende-von-lohnersatzleistungen-waehrend-corona-quarantaene-30730760.html (abgerufen am 16.09.2021)
2 https://www.corona.hhu.de/fuer-studierende (abgerufen am 16.09.2021)
3 https://www.fr.de/ratgeber/gesundheit/wichtig-fuer-ungeimpfte-ab-oktober-muessen-buerger-innen-corona-tests-selbst-zahlen-90978452.html (abgerufen am 16.09.2021)
4 https://twitter.com/anja_steinbeck/status/1435867442564276228 (abgerufen am 16.09.2021)
Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 5996 mit Schreiben vom 20. Oktober 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.
1. Befürwortet die Landesregierung eine Impfpflicht gegen COVID-19 für Studenten?
2. Wie planen die Universitäten und Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen das kommende Wintersemester 2021/22? (Bitte aufschlüsseln nach Präsenzlehre ja/nein, „3G“ ja/nein, Übernahme der Testkosten für Studenten ja/nein und Form der Lehre im Fall von „2G“)
Der überwiegende Teil der Lehrveranstaltungen wird im Wintersemester 2021/2022 an den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen in Präsenz stattfinden können. Nach den aktuellen Bestimmungen bilden die drei G – geimpft, genesen, getestet – die Grundlage für den Präsenzbetrieb. Für die Teilnahme an Präsenzveranstaltungen sind damit ein Negativtestnachweis bzw. ein Nachweis einer Immunisierung erforderlich. Um den Hochschulen eine praktikable Kontrolle der drei G zu ermöglichen, hat die Landesregierung jetzt mit einer Aktualisierung der Coronaschutzverordnung zum 1. Oktober Stichproben-Kontrollen gemäß § 4 Absatz 5 Satz 7 ermöglicht. Die Hochschulen haben hierfür Zugangskonzepte entwickelt, um eine möglichst umfassende Kontrolle aller Teilnehmenden sicherzustellen. Es ist in Nordrhein-Westfalen nicht geplant, eine landesweite „2G“-Regel einzuführen.
Die Zusammenstellung einer aktuellen Übersicht über die Planungen der Universitäten und Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen für das Wintersemester 2021/2022 ist in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar.
3. Inwieweit ist die Impfung für Studenten freiwillig, wenn der Universitätsbesuch „3G“ voraussetzt, die Studenten sich die Tests oder eine Verlängerung des Studiums aber nicht leisten können?
Mittlerweile kann allen Bürgerinnen und Bürgern ein unmittelbares und kostenloses Impfangebot gemacht werden. Somit haben die Studierenden ihre Zugangsmöglichkeit zu allen Veranstaltungen, Angeboten und Einrichtungen selbst in der Hand. Sie können sich – dauerhaft und uneingeschränkt – durch eine Impfung oder im Einzelfall durch einen Schnelltest den Zugang eröffnen.
Gemäß dem Beschluss der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 10. August 2021 ist eine dauerhafte Übernahme der Kosten für alle Tests durch den Bund und damit den Steuerzahler nicht angezeigt. Daher hat der Bund das Angebot kostenloser Bürgertests für alle mit Wirkung vom 11. Oktober 2021 beendet.
Für Personen, die nicht geimpft werden können und für die keine allgemeine Impfempfehlung vorliegt (insbesondere Schwangere im ersten Schwangerschaftsdrittel, Kinder und Jugendliche unter 12 Jahren, bis zum 31. Dezember 2021 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren), wird es weiterhin die Möglichkeit zum kostenlosen Antigen-Schnelltest geben. Im Übrigen wird auf die Antwort auf Frage 5 verwiesen.
4. Wie bewertet die Landesregierung die Aussage der Rektorin der HHU, Anja Stein-beck, dass sich Studenten impfen lassen „müssen“, sollte es in Nordrhein-Westfalen zu einer „2G“-Regelung kommen?
Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen.
5. Warum werden für Studenten keine regelmäßigen Tests und eine Bescheinigung des Ergebnisses angeboten, wie es bei Schülern beziehungsweise Berufsschülern der Fall ist?
Studierende sind nicht mit Schülerinnen und Schülern zu vergleichen, da sie ein Alter haben, in dem sie sich impfen lassen können. Mit Impfung entfällt das Erfordernis eines Tests und dessen Bescheinigung. Zudem ist bei Schülerinnen und Schülern zu beachten, dass diese der Schulpflicht unterliegen und somit zwingend die Schule aufsuchen müssen.
Für Studierende, bei denen zum Zeitpunkt der Testung eine Schutzimpfung mit anderen als den vom Paul-Ehrlich-Institut im Internet unter der Adresse http://www.pei.de/impfstoffe/covid-19 genannten Impfstoffen erfolgt ist, besteht bis zum 31. Dezember 2021 weiterhin ein kostenloses Testangebot seitens des Bundes gemäß § 4a Coronavirus-Testverordnung.
Sofern Studierende auch ein Arbeitsverhältnis haben, können sie derzeit die kostenlose Beschäftigtentestung in Anspruch nehmen. Hier besteht in Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber unter Einhaltung der infektionsschutz-, medizin-produkte- und arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen eine ordnungsgemäße Testdurchführung mit fachkundigem oder geschultem Personal, nach Anzeige bei der örtlich zuständigen unteren Gesundheitsbehörde bescheinigen können (§ 4 i. V. m. § 2 Coronatest- und Qurantäneverordnung).