Kleine Anfrage 2434
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Christian Loose AfD
Kapituliert auch die Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Bochum vor den hohen Zugangszahlen im Zuge der illegalen Sekundärmigration nach Deutschland?
Im Rahmen der Anmietung eines Grundstücks in Wattenscheid-Westenfeld zur Errichtung einer Notunterkunft (NU) des Landes für 300 Personen wurde bekannt, dass die Einrichtung temporär als Erweiterung der LEA fungieren soll. Bis zu 300 Personen sollen hier für wenige Tage untergebracht werden, wenn die Kapazitäten der LEA zur medizinischen Untersuchung, zur Registrierung sowie zur erkennungsdienstlichen Behandlung erschöpft sind.
Bislang werden Menschen, deren Aufnahme länger als einen Tag dauert, in Herne untergebracht. Das wirft die Frage auf, wie nach der Eröffnung der neuen NU in Wattenscheid-Westenfeld mit diesem Personenkreis verfahren wird.
In einem Bericht der WAZ heißt es dazu:
„Nötig ist die nun vorgenommene LEA-Erweiterung, so die Bezirksregierung, weil die angestrebte Registrierung der Flüchtlinge binnen 24 Stunden eben nicht immer einzuhalten sei. An Tagen, in denen besonders viele Menschen zum Gersteinring kommen, reichten die Kapazitäten dort nicht aus, heißt es. Vor allem dann nicht, wenn viele Personen abends und nachts ankommen. Das Personal in der LEA arbeitet im Zwei-Schicht-Betrieb. […]
Ein Blick auf die täglichen Registrierungszahlen zeigt: Mehr als 266 Personen an einem Tag, in diesem Fall am 19. Juli, sind zumindest in diesem Jahr dort nicht angekommen. An einem Tag (16. Juli) wurde sogar niemand registriert. 34 Mal sind binnen 24 Stunden mehr als 100 Personen aufgenommen worden, 99 Mal zwischen 100 und 200 Menschen und 90 Mal weniger als 100 Antragsteller. Es hat allerdings auch schon andere Zeiten gegeben. So etwa 2022, als viele Menschen aus der Ukraine nach Deutschland kamen.“1
Gemäß Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) § 3 (6) wird bei Gemeinden, auf deren Gebiet sich eine Einrichtung des Landes befindet, die besondere Aufgaben im Bereich der Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen wahrnimmt – wie z.B. der LEA – , die Zahl der zuzuweisenden Asylbewerberinnen und Asylbewerber um bis zu 1.000 vermindert.
Vor dem Hintergrund permanent ansteigender Zugangszahlen stellt sich die Frage, ob die Anrechnung in dieser Höhe noch ausreicht. Grundsätzlich naheliegender wäre natürlich eine Lösungsfindung an der deutschen EU-Binnengrenze, ein Lösungsansatz, dem sich die Bundesinnenministerin, Nancy Faeser, aber bekanntlich hartnäckig verweigert.
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie viele Personen können mit der derzeitigen Personallage in der LEA Bochum täglich registriert werden, ohne auf eine Ausweicheinrichtung zurückgreifen zu müssen?
- An wie vielen Tagen musste im laufenden Jahr bisher auf eine Ausweicheinrichtung zurückgegriffen werden?
- Aktuell werden Menschen, deren Aufnahme länger als einen Tag dauert, in Herne untergebracht. Zukünftig soll stattdessen die Einrichtung in Wattenscheid-Westenfeld temporär genutzt werden. Welche Planungen gibt es aktuell für die Zeit nach der Eröffnung der Notunterkunft in Wattenscheid-Westenfeld?
- Inwiefern gibt es von Seiten der Landesregierung Pläne bei der Höhe der Zuweisungen an die Stadt Bochum, die LEA stärker als bisher zu berücksichtigen?
- Die Immobilie am Gersteinring wird aktuell in Teilen untervermietet. Inwiefern gibt es Planungen, von der Untervermietung abzusehen, wenn die Zugangszahlen nicht zeitnah durch geeignete Maßnahmen reduziert werden?
Enxhi Seli-Zacharias
Christian Loose
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2434 mit Schreiben vom 6. Oktober 2023 namens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Die LEA Bochum dient als erste Anlaufstelle für Asylsuchende. Diese können dort ihr Asylgesuch äußern und werden gemäß § 16 AsylG erkennungsdienstlich behandelt („registriert“). Die Gesundheitsuntersuchung gemäß § 62 AsylG findet nicht in der LEA, sondern in den Erstauf-nahmeeinrichtungen (EAE) statt.
- Wie viele Personen können mit der derzeitigen Personallage in der LEA Bochum täglich registriert werden, ohne auf eine Ausweicheinrichtung zurückgreifen zu müssen?
Grundsätzlich können aktuell pro Tag ca. 350 bis 400 Personen registriert werden.
- An wie vielen Tagen musste im laufenden Jahr bisher auf eine Ausweicheinrichtung zurückgegriffen werden?
Sofern eine Registrierung in der LEA Bochum nicht unmittelbar bei Ankunft möglich ist (z.B. aufgrund größeren Andrangs, Systemstörungen oder einer späten Ankunftszeit), wird eine Übernachtungsmöglichkeit innerhalb einer bestehenden oder in einer gesonderten Einrichtung im Regierungsbezirk Arnsberg („Satellitenkapazität“) vorgehalten. Die betroffenen Personen werden i.d.R. am folgenden Tag zur Registrierung und Verteilung der LEA zugeführt. Diese Option wird aktuell nahezu täglich genutzt.
- Aktuell werden Menschen, deren Aufnahme länger als einen Tag dauert, in Herne untergebracht. Zukünftig soll stattdessen die Einrichtung in Wattenscheid-Westenfeld temporär genutzt werden. Welche Planungen gibt es aktuell für die Zeit nach der Eröffnung der Notunterkunft in Wattenscheid-Westenfeld?
Die Notunterkunft (NU) des Landes in Bochum-Wattenscheid soll die NU in Herne als Satellitenkapazität ablösen. Bei größeren Bedarfen könnten auch beide Einrichtungen für erforderliche Übernachtungsmöglichkeiten genutzt werden.
- Inwiefern gibt es von Seiten der Landesregierung Pläne bei der Höhe der Zuweisungen an die Stadt Bochum, die LEA stärker als bisher zu berücksichtigen?
Aufgrund des Betriebes der LEA Bochum vermindert sich die Zahl der der Stadt Bochum zuzuweisenden Asylbewerberinnen und Asylbewerber schon jetzt um bis zu 1.000 Personen (§ 3 Abs. 6 FlüAG).
Mit Inbetriebnahme der NU Bochum-Wattenscheid wird sich die Zahl der der Stadt Bochum zuzuweisenden Asylbewerberinnen und Asylbewerber (zusätzlich) um 50 Prozent der Anzahl der dort vorgesehenen Aufnahmeplätze vermindern (§ 3 Abs. 5 FlüAG).
Nach Umsetzung der im Rahmen der FlüAG-Novelle geplanten sog. 1:1-Anrechung der Lan-deskapazitäten auf die kommunale Aufnahmeverpflichtung können der Stadt Bochum statt aktuell 1.150 Plätze zukünftig 1.300 Plätze auf die Aufnahmeverpflichtung angerechnet werden.
5. Die Immobilie am Gersteinring wird aktuell in Teilen untervermietet. Inwiefern gibt es Planungen, von der Untervermietung abzusehen, wenn die Zugangszahlen nicht zeitnah durch geeignete Maßnahmen reduziert werden?
Die Untervermietung von Räumlichkeiten an die Stadt Bochum (Fachstelle für unbegleitete ausländische Minderjährige des Jugendamtes Bochum) ist sinnvoll und hat sich in der Zusammenarbeit bewährt. Die Raumnutzung durch die Fachstelle hat keine Auswirkungen auf die Registrierungsprozesse der LEA auch bei hohen Zugängen. Eine Anpassung der Registrier-kapazitäten der LEA ist ohne Rückgriff auf die Räumlichkeiten der Fachstelle möglich.