Kleine Anfrage 4103
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Christian Loose AfD
Luxus-Schleuser: Warnten Visa-Stellen NRW schon vor Jahren? – Verdachtsmomente in Solingen bereits 2018?
Wie aus einem Bericht der WAZ hervorgeht, sind Kommunen und Kreise in NRW offenbar schon vor sieben Jahren erstmals vor den illegalen Aktivitäten der Luxus-Schleuser gewarnt worden.
Demnach habe, Aussagen des Auswärtigen Amts folgend, das Generalkonsulat im südchinesischen Kanton entsprechende Hinweise an die zuständigen lokalen Behörden weitergereicht. „Falls bei einem Visumantrag Auffälligkeiten bestehen oder der Verdacht auf falsche Motive beim Visumantrag, teilt die Visastelle die Erkenntnisse mit den beteiligten inländischen Behörden. Auch in diesem Fall haben die Visastellen bereits 2017 und 2018 über die Auffälligkeiten und einen möglichen Missbrauch bei der Beantragung von Visa für Fachkräfte und Selbstständige berichtet“, hieß es im Außenministerium.1
Das wirft die Frage auf, wie in den Kommunen und insbesondere in den Ausländerbehörden mit diesen Hinweisen umgegangen wurde. Von Interesse ist auch, welche Behörden konkret vom Verdacht des Visa-Betrugs schon damals Kenntnis gesetzt wurden. Angeblich ermittelt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf bereits seit vier Jahren gegen das Schleuser-Netzwerk.
Auch in Bezug auf die Aktivitäten in Solingen gab es bereits sehr früh erste Verdachtsmomente. So heißt es im Solinger Tageblatt: „Es gibt enge Bezüge zu Solingen. Unter anderem gehen die Ermittler davon aus, dass Teile der unrechtmäßigen Aufenthaltstitel von Behörden in der Klingenstadt ausgestellt wurden. Zudem pflegten zwei der Hauptbeschuldigten, ein Rechtsanwalt aus dem Raum Köln sowie ein Solinger Unternehmer, enge Verbindungen zur hiesigen Wirtschaftsförderung. Sie waren als Partner an Bord, als die kommunale Tochtergesellschaft im Frühjahr 2018 das International Business Center Solingen (IBCS) gegründet hat, vorgesehen als zentraler Kontaktpunkt für internationale Geschäftsleute. ST-Recherchen zeigen jetzt: Offensichtlich erreichten die Stadt Solingen spätestens im ersten Quartal 2018 – kurz vor Gründung des IBCS – konkrete Hinweise auf Unstimmigkeiten mit Blick auf die Vergabe von Aufenthaltsgenehmigungen.“2
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Welche lokalen Behörden wurden im Rahmen des Schleuserskandals durch das Generalkonsulat in Kanton oder durch andere Stellen in China in Bezug auf auffällige Visaanträge gewarnt? (Bitte alle betroffenen Behörden listen und dabei angeben, zu welchem Zeitpunkt die Warnungen im Einzelnen eingingen)
- Um wie viele Personen mit auffälligen Visaanträgen handelte es sich dabei insgesamt? (Bitte differenziert nach Jahr und Anzahl aufschlüsseln)
- Wann und in welcher Form haben die lokalen Behörden mit der Landesregierung bzw. mit dem zuständigen Ministerium in seiner Funktion als höchste Ausländerbehörde Kontakt aufgenommen?
- Wann und in welcher Form hat die Landesregierung vor der Razzia im April 2024 in Bezug auf mutmaßlich auffällige Visaanträge oder andere Auffälligkeiten im Zusammenhang mit dem Schleuser-Skandal reagiert?
- Welche Rolle spielte nach derzeitigem Ermittlungsstand das International Business Center Solingen (IBCS) im aktuellen Schleuserskandal?
Enxhi Seli-Zacharias
Christian Loose
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 4103 mit Schreiben vom 23. August 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und dem Minister der Justiz beantwortet.
- Welche lokalen Behörden wurden im Rahmen des Schleuserskandals durch das Generalkonsulat in Kanton oder durch andere Stellen in China in Bezug auf auffällige Visaanträge gewarnt? (Bitte alle betroffenen Behörden listen und dabei angeben, zu welchem Zeitpunkt die Warnungen im Einzelnen eingingen)
Das Bundesministerium des Innern leitete dem damaligen Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration im Januar 2018 eine Information der deutschen Auslandsvertretung in Peking über eine Häufung bestimmter Konstellationen bei der Visabeantragung von chinesischen Staatsbürgern, die ein Visum gemäß § 21 AufenthG beantragten, weiter.
Für die Erteilung dieser Visa liegt die Zuständigkeit gemäß § 71 Abs. 2 S. 1 AufenthG bei den vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen. Nach hiesigem Kenntnisstand wurden sämtliche damals betroffenen Visaanträge abgelehnt.
- Um wie viele Personen mit auffälligen Visaanträgen handelte es sich dabei insgesamt? (Bitte differenziert nach Jahr und Anzahl aufschlüsseln)
Entsprechendes Zahlenmaterial liegt der Landesregierung nicht vor.
Gemäß § 71 Absatz 2 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes sind im Ausland für Pass- und Visaangelegenheiten die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen zuständig.
- Wann und in welcher Form haben die lokalen Behörden mit der Landesregierung bzw. mit dem zuständigen Ministerium in seiner Funktion als höchste Ausländerbehörde Kontakt aufgenommen?
Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.
- Wann und in welcher Form hat die Landesregierung vor der Razzia im April 2024 in Bezug auf mutmaßlich auffällige Visaanträge oder andere Auffälligkeiten im Zusammenhang mit dem Schleuser-Skandal reagiert?
Auffälligkeiten, die wiederholt und konkret eine Behörde in den Fokus rückten, wurden nicht an die Landesregierung herangetragen, so dass eine Reaktion der Landesregierung vor der Einleitung der Ermittlungen bzw. Durchsuchungen im April 2024 nicht angezeigt war.
- Welche Rolle spielte nach derzeitigem Ermittlungsstand das International Business Center Solingen (IBCS) im aktuellen Schleuserskandal?
Einem Bericht der Leitenden Oberstaatsanwältin in Düsseldorf vom 15.07.2024 zufolge ist die Fragestellung Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Belastbare Erkenntnisse hierzu lägen derzeit nicht vor.