Mindestens 3,9 Mio. Euro jährlich für die neue Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) an der Rensingstraße in Bochum – Warum nennt die Bezirksregierung Arnsberg gegenüber der Bezirksvertretung Bochum-Mitte Zahlen, die Landesregierung im Rahmen einer Kleinen Anfrage dagegen nicht?

Kleine Anfrage
vom 04.12.2024

Kleine Anfrage 4824

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Christian Loose AfD

Mindestens 3,9 Mio. Euro jährlich für die neue Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) an der Rensingstraße in Bochum Warum nennt die Bezirksregierung Arnsberg gegenüber der Bezirksvertretung Bochum-Mitte Zahlen, die Landesregierung im Rahmen einer Kleinen Anfrage dagegen nicht?

In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage 4657 der Abgeordneten Seli-Zacharias und Loose (AfD) verriet die Landesregierung – vermutlich ungewollt – indirekt Kosten in Bezug auf die neue Erstaufnahmeeinrichtung in Bochum. In ihrer Antwort auf die 4. Frage, in der es – abgesehen von geheimen Absprachen im Ältestenrat zwei Tage vor der Vertragsunterzeichnung – um die nicht vorhandene kommunale Einbindung in den Entscheidungsprozess ging, verwies die Landesregierung auf eine Informationsveranstaltung in der Bezirksvertretung Bochum-Mitte. Diese fand am 26.09.2024 statt, also einen Monat nach der Vertragsunterzeichnung. Folgerichtig gab es auch keine Beschlussvorlage, was für eine tatsächliche Beteiligung gesprochen hätte, sondern lediglich eine Präsentation des längst Beschlossenen durch die Bezirksregierung Arnsberg.1

Darin finden sich auf Seite 11 Vertragsdetails, nämlich neben der bereits bekannten Nutzungsdauer der Immobilie von 10 Jahren monatliche Kosten in Höhe von 325.000 Euro oder umgerechnet 3,9 Mio. Euro im Jahr. Die Landesregierung verweist in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage – wie bei zahlreichen ähnlichen Gelegenheiten zuvor – darauf, dass vertragliche Details nicht veröffentlicht werden, wozu auch die Kosten zählen. Zuletzt blieben konkrete Nachfragen zum Landeshaushalt 2025 unbeantwortet. Unklar bleibt mit dem Bericht der Bezirksregierung aber leider immer noch, welche Kosten in dem Betrag von 3,9 Mio. Euro inkludiert sind und welche eben nicht.

Die Präsentation der Bezirksregierung Arnsberg endet mit dem Satz „Vielen Dank für ihr Interesse“, ein Umstand, der bei den nicht involvierten Anwohnern Befremden auslösen muss.

Folgt man den bisher zugänglichen Informationen, stellt sich die Angelegenheit derzeit wie folgt dar:

Zuvor: Der Vermieter der Immobilie nimmt Kontakt mit dem Land bzw. direkt mit der Bezirksregierung Arnsberg auf.

19.02.2024: Erster gemeinsamer Termin, u. a. anwesend: Vermieter und Vertreter der Stadt Bochum.

Ende Februar bis Ende August 2024: Geheime Verhandlungen.

28.08.2024: Der Ältestenrat der Stadt Bochum signalisiert Unterstützung für das Projekt, ohne den Rat der Stadt Bochum einzubinden.

30.08.2024: Vertragsabschluss.

13.09.2024: WAZ-Bericht über die neue EAE Bochum: Die Öffentlichkeit wird erstmals informiert. Die SPD Bochum ist angeblich empört. Obwohl die Verhandlungen seit Februar laufen, wusste man angeblich nicht Bescheid.2

26.09.2024: Die Bezirksregierung Arnsberg informiert, wie oben geschildert, die Bezirksvertretung Bochum-Mitte. Details – insbesondere die Kosten – gelangen nicht an die Öffentlichkeit.

01.10.2024: Einreichung eines Antrags der AfD-Fraktion im Landtag NRW mit dem Ziel, das Projekt „EAE Bochum“ zu stoppen.3

02.10.2024: Sitzung des Integrationsausschusses im Landtag NRW. Ministerin Paul beantwortet einen Berichtswunsch der AfD. Dabei bleiben zahlreiche Fragen unbeantwortet.4

09.10.2024: Aussprache zum Antrag der AfD. Die Landesregierung spricht sich gegen eine Einstellung der Planungen aus.

21.10.2024: Einreichung der Kleine Anfrage 4657 „Neue Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) in Bochum – Nachfrage zu bisher nicht beantworteten Fragen im Rahmen eines Berichtswunschs im Integrationsausschuss“

31.10.2024 Einreichung einer weiteren Kleinen Anfrage der AfD „Neue Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) in Bochum – Nachfragen zu den Ausführungen der Ministerin für Flucht und Integration, Josefine Paul“.5

22.11.2024: Eingang der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4657 (hierbei erfolgt erstmals der Verweis auf die Informationsveranstaltung der Bezirksregierung Arnsberg in der Bezirksvertretung Bochum-Mitte).

Der ganze Prozess macht deutlich, wie nachrangig die Interessen der Bürger bzw. der direkt betroffenen Anwohner von der Landesregierung betrachtet werden. Die einzige Priorität scheint darin zu bestehen, Vertragsdetails und insbesondere die Kosten der breiten Öffentlichkeit vorzuenthalten.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Die Bezirksregierung Arnsberg spricht in ihrem Bericht von Kosten in Höhe von 325.000 Euro monatlich bzw. 3,9 Mio. Euro im Jahr. Welche Kostenbestandteile sind in diesem Wert enthalten?
  2. Welche Kostenbestandteile sind noch nicht enthalten, also z. B. Mietkosten, die Kosten für die Betreuungs-, Versorgungs- und die Sicherheitsdienstleister oder auch Integrationsangebote in der Einrichtung? (Bitte die Kostenarten und mindestens die Gesamtsumme angeben)
  3. Warum verzichtete die Landesregierung im Zeitraum Februar 2024 (erste Kontaktaufnahme) und August 2024 (Vertragsunterzeichnung) auf jegliche Unterrichtung der Bürger, ganz zu schweigen von einer Einbindung in den Entscheidungsprozess?
  4. Welche Vertreter des Landes waren ganz konkret an den Vertragsverhandlungen zwischen Februar und August 2024 beteiligt?
  5. Eine zusätzliche EAE wäre – unter Nicht-Berücksichtigung aller anderen Aspekte – nur angemessen, wenn es bei den bestehenden 5 EAE regelmäßig zu Kapazitätsengpässen käme. Wie hoch war die durchschnittliche monatliche Auslastung der 5 bereits bestehenden Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes NRW im Jahr 2023 sowie im Jahr 2024? (Bitte differenziert nach EAE, Monat und durchschnittlicher Auslastung listen)

Enxhi Seli-Zacharias
Christian Loose

 

MMD18-11845

 

1 Vgl. https://bochum.ratsinfomanagement.net/tops/? =UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZU9STmz4ODVFvkIFO

VY_Z6A ; Tagesordnung der Bezirksvertretung Bochum Mitte vom 26.09.2024; Top 5.1

2 Vgl.https://www.waz.de/lokales/bochum/article407238190/aerger-um-neues-fluechtlingsheim-

fuehlen-uns-uebergangen.html?kc=success

3 Vgl. Lt.-Drucksache 18/10890

4 Vgl. Lt.-Vorlage 18/3045

5 Vgl. Lt.-Drucksache 18/11283


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 4824 mit Schreiben vom 24. Januar 2025 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung beantwor­tet.

  1. Die Bezirksregierung Arnsberg spricht in ihrem Bericht von Kosten in Höhe von 325.000 Euro monatlich bzw. 3,9 Mio. Euro im Jahr. Welche Kostenbestandteile sind in diesem Wert enthalten?
  2. Welche Kostenbestandteile sind noch nicht enthalten, also z. B. Mietkosten, die Kosten für die Betreuungs-, Versorgungs- und die Sicherheitsdienstleister oder auch Integrationsangebote in der Einrichtung? (Bitte die Kostenarten und mindes­tens die Gesamtsumme angeben)

Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Diese Kosten decken die Miete des Gebäudes. Alle anderen Kosten sind in der o.g. Summe nicht enthalten und können erst im laufenden Betrieb und nach Beendigung der Ausschrei­bungen beziffert werden.

  1. Warum verzichtete die Landesregierung im Zeitraum Februar 2024 (erste Kontakt­aufnahme) und August 2024 (Vertragsunterzeichnung) auf jegliche Unterrichtung der Bürger, ganz zu schweigen von einer Einbindung in den Entscheidungspro­zess?

Die Entscheidung, eine Liegenschaft anzumieten und dort eine Unterbringungseinrichtung zu betreiben, wird in enger Abstimmung mit der jeweiligen Kommune vom Land Nordrhein-West­falen getroffen. Des Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 4 der Kleinen An­frage 4657 (Drs. 18/11087) verwiesen.

  1. Welche Vertreter des Landes waren ganz konkret an den Vertragsverhandlungen zwischen Februar und August 2024 beteiligt?

Die zuständigen Mitarbeitenden bei der Bezirksregierung Arnsberg.

  1. Eine zusätzliche EAE wäre unter Nicht-Berücksichtigung aller anderen Aspekte nur angemessen, wenn es bei den bestehenden 5 EAE regelmäßig zu Kapazi­tätsengpässen käme. Wie hoch war die durchschnittliche monatliche Auslastung der 5 bereits bestehenden Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes NRW im Jahr 2023 sowie im Jahr 2024? (Bitte differenziert nach EAE, Monat und durchschnitt­licher Auslastung listen)

Belegungszahlen stellen immer nur eine kurze Momentaufnahme dar und werden stichtags-bezogen ausgewiesen. Sie unterliegen großen Schwankungen innerhalb kurzer Zeit­räume. Eine stichtagsbezogene Darstellung der Auslastung der EAEen zum jeweils Monats­letzten wird nachfolgend aufgeführt:

Monat 2023 2024
Januar 81 % 39 %
Februar 86 % 46 %
März 89 % 42 %
April 85 % 45 %
Mai 91 % 43 %
Juni 88 % 44 %
Juli 94 % 43 %
August 97 % 45 %
September 95 % 56 %
Oktober 107 % 35 %
November 52 % 30 %
Dezember 53 %  

 

MMD18-12619