Kleine Anfrage 3822
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Christian Loose AfD
Neue Recherchen des WDR zum Schleuserskandal – Was unternimmt die Landesregierung zur Aufklärung des Skandals?
Nach WDR-Recherchen bauten zwei Rechtsanwälte ein politisches Netzwerk in NRW-Kommunen auf, während sie illegal Aufenthaltserlaubnisse für reiche Ausländer beschafft haben sollen.1
Einer der hauptbeschuldigten Rechtsanwälte soll möglicherweise aus seiner Kanzlei in Frechen heraus die Fäden in einem internationalen Schleuserring gesponnen haben. Im WDR-Artikel heißt es: „Am 17. April durchsuchten die Bundespolizei und Ermittler der Zentral- und Anlaufstelle für die Verfolgung organisierter Straftaten (ZeOS) NRW die Räume in einem unscheinbaren Bürogebäude in einem Frechener Gewerbegebiet und ein im gleichen Haus residierendes Immobilienunternehmen. [Der Rechtsanwalt], weitere Mitarbeiter seiner Kanzlei und auch der Chef der Immobilienfirma, ein Chinese, werden festgenommen.“2
Der zweite hauptbeschuldigte Rechtsanwalt aus Köln soll sich derzeit in Asien aufhalten. Die beiden Hauptbeschuldigten sollen sich zudem schon länger kennen. Die eingeschleusten Personen sollen insgesamt neun Millionen Euro die Dienste der beiden Rechtsanwälte bezahlt haben. Über erteilte Generalvollmachten agierten sie dabei offensichtlich auch direkt mit mehreren Ausländerbehörden, insbesondere mit dem Ziel der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen.3
Neben dem SPD-Funktionär B. wird mit Werner Stump auch ein ehemaliger Landrat der CDU beschuldigt: Werner Stump soll sich laut WDR in seinem Hotel regelmäßig mit dem mutmaßlichen Schleuseranwalt getroffen und Immobiliengeschäfte mit diesem gemacht haben.4
Der Dürener Landrat Wolfgang Spelthahn (CDU) versprach im WDR-Interview, alle von der Ausländerbehörde in den letzten Jahren erteilten Aufenthaltsgenehmigungen für Menschen aus China auf den Prüfstand zu stellen: „Vertrauen schenken ist jetzt erst einmal konterkariert durch berechtigtes Misstrauen. Das heißt wir haben alle Verfahren erst einmal gestoppt und werden jetzt auch mindestens stichprobenartig agieren. Das heißt überprüfen: Gibt es den Wohnsitz, ist da jemand konkret. Und auch noch mal Arbeitgeber verifizieren.“5
Hier stellt sich die Frage, inwiefern die oberste Aufsichtsbehörde in diesem Zusammenhang tätig wird.
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Ermittlungsstand im Zusammenhang mit den beiden beschuldigten Rechtsanwälten?
- Wie ist der aktuelle Ermittlungsstand im Zusammenhang mit dem Ex-CDU-Landrat Werner Stump?
- Welche Ausländerbehörden sind nach derzeitigem Stand mindestens indirekt, u.a. durch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen vom Schleuserskandal betroffen?
- Inwiefern unterstützt die Landesregierung die betroffenen Ausländerbehörden bei der Überprüfung der fälschlicherweise erteilten Aufenthaltserlaubnisse?
- Inwiefern unterstützt die Landesregierung die betroffenen Ausländerbehörden bei der Aufklärung bezüglich möglicher Verstöße gegen das Korruptionsbekämpfungsgesetz sowie der möglichen direkten Beteiligung von Behördenmitarbeitern?
Enxhi Seli-Zacharias Christian Loose
2 Ebd.
3 Ebd.
4 Ebd.
5 Ebd.
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3822 mit Schreiben vom 20. Juni 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung sowie dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Ermittlungsstand im Zusammenhang mit den beiden beschuldigten Rechtsanwälten?
Die Leitende Oberstaatsanwältin in Düsseldorf hat dem Ministerium der Justiz unter dem 17.05.2024 im Wesentlichen berichtet, dass hinsichtlich des angesprochenen Sachverhalts ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern sowie der Bestechung und der Bestechlichkeit, jeweils in einem besonders schweren Fall, geführt werde. Im Übrigen dauern die Ermittlungen, insbesondere die Auswertung des sichergestellten umfangreichen Beweismaterials an.
- Wie ist der aktuelle Ermittlungsstand im Zusammenhang mit dem Ex-CDU-Landrat Werner Stump?
Zur Wahrung der Unschuldsvermutung und der Persönlichkeitsrechte sieht die Landesregierung regelmäßig von öffentlichen Angaben zum Stand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen ab, soweit diese zur Identifizierung betroffener Personen geeignet sind.
- Welche Ausländerbehörden sind nach derzeitigem Stand mindestens indirekt, u.a. durch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen vom Schleuserskandal betroffen?
Die Ermittlungen dauern weiterhin an. Nach derzeitigem Kenntnisstand wird in Vorgängen der Ausländerbehörden des Kreis Düren, des Rhein-Erft-Kreises, der Stadt Kerpen sowie der Stadt Solingen ermittelt. Ferner bedarf es einer weiteren Prüfung, ob auch Vorgänge, die über die Zentralstelle für Fachkräfteeinwanderung (ZFE) abgewickelt worden sind sowie Vorgänge der Ausländerbehörden des Rhein-Kreis Neuss und Krefeld betroffen sein könnten. Zu diesen Zwecken wurden auch bereits teilweise Akten an die Strafverfolgungsbehörden übergeben.
- Inwiefern unterstützt die Landesregierung die betroffenen Ausländerbehörden bei der Überprüfung der fälschlicherweise erteilten Aufenthaltserlaubnisse?
Gemäß § 71 Absatz 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes in Verbindung mit § 13 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen sind für aufenthalts- und passrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen nach dem Aufenthaltsgesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen die unteren Ausländerbehörden zuständig und nehmen – sofern keine besonderen Zuständigkeit für einzelne Aufgaben bestimmt sind – die Aufgaben nach dem Aufenthaltsrecht und dem Asylrecht in eigener Verantwortung wahr. Dies schließt auch die Zuständigkeit für die Überprüfung der entsprechenden Aufenthaltserlaubnisse ein.
- Inwiefern unterstützt die Landesregierung die betroffenen Ausländerbehörden bei der Aufklärung bezüglich möglicher Verstöße gegen das Korruptionsbekämp-fungsgesetz sowie der möglichen direkten Beteiligung von Behördenmitarbeitern?
Die Aufklärung etwaiger Verstöße obliegt den Strafverfolgungsbehörden.