Seltsame Planänderung in Bochum: Aus einem Seniorenheim soll eine Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) werden. Was sind die Hintergründe?

Kleine Anfrage
vom 22.11.2023

Kleine Anfrage 2915

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Christian Loose AfD

Seltsame Planänderung in Bochum: Aus einem Seniorenheim soll eine Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) werden. Was sind die Hintergründe?

Das ehemalige Seniorenheim in der Grabelohstraße in Bochum, welches sich ehemals im Besitz der städtischen Bochum Senioren GmbH befand, soll aktuellen Berichten folgend in eine ZUE verwandelt werden. Wie die WAZ berichtet, hat der derzeitige Eigentümer das Haus dem Land angeboten. Es soll für fünf bis zehn Jahre vermietet werden.1

Dabei sahen die Pläne vor einem Jahr noch anders aus. Nach dem Verkauf an einen Investor war von einer Seniorenwohnanlage die Rede. „Wir planen dort ein Seniorenzentrum bestehend aus Service-Wohnungen, Appartements für Wohngemeinschaften, sowie ein Pflegehotel für zeitlich begrenzte Unterbringung älterer Menschen. Zusätzlich schaffen wir 16 Tagespflegeplätze“, versprach seinerzeit ein Mitgesellschafter des Initiators aus Bremen.

„Im Mittelpunkt steht eine selbstbestimmte Lebens- und Alltagsgestaltung für Senioren im privaten Wohnraum. Wir bieten Service und Pflegepersonal auf Abruf über 24 Stunden. Und wir schaffen ein attraktives Angebot für Senioren bei eigenständiger Lebensführung mit sozialen Kontakten und Unterstützung bei Bedarf.“ Dazu gehören – so der Gesellschafter in seinen damaligen Ausführungen „auch zentrale Orte der kommunikativen Begegnung wie Cafés, ein Bistro, Räume für Veranstaltungen für die Bewohner, Freunde und Angehörige“.

Die Rede war von zeitnahen Umbaumaßnahmen: „Wir hoffen, wir können bereits im nächsten Frühjahr [2023] dieses neue Angebot für Senioren der Öffentlichkeit in Bochum vorstellen.“2 Auch ein Betreiber der Einrichtung wurde seinerzeit gefunden. Dieser ist mittlerweile allerdings insolvent.3 Wie der Presse zu entnehmen war, wurde in der Regel ein neuer Betreiber der Seniorenheime gefunden.

Allgemein handelt es sich beim Standort Grabelohstraße um eine ruhige Wohngegend mit Doppelhaushälften, gepflegten Mehrfamilienhäuser und viel Grün in der Nähe.

Ein Anwohner äußerte sich gegenüber der WAZ skeptisch, ob das funktionieren könnte mit den Flüchtlingen. „Wir haben eigentlich eine gute Nachbarschaft hier. Im Sommer wird gemeinsam gegrillt“, erzählt er, aber es sei eben auch recht eng gebaut. „Ich glaube, das könnte hier Theater geben“, gibt er vorsichtig zu bedenken.4

Ein Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg äußerte sich in Bezug auf die Planungen an der Grabelohstraße noch skeptisch gegenüber der WAZ: „Eine abschließende Entscheidung gibt es noch nicht“.5

Es würde sich nach der Landeserstaufnahme (LEA) und der Notunterkunft (NU) im Ortsteil Westenfeld um die dritte Landeseinrichtung in Bochum handeln. Zusätzlich gibt es die bekannte Sonderstellung Bochums in Bezug auf die UMA-Aufnahmen. Nicht außer Acht lassen sollte man die geplante ZUE Dortmund-Oespel. Diese würde sich nur 5 km entfernt von der möglichen ZUE Bochum-Langendreer befinden.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung dazu vor, warum sich der derzeitige Eigentümer der Immobilie offensichtlich nicht mehr für den Betrieb eines Seniorenheims (mit einem neuen Betreiber) interessiert?
  2. Inwiefern war die spätere Nutzung der Immobilie als Seniorenheim Bestandteil des Kaufvertrags zwischen dem derzeitigen Eigentümer und dem vorherigen Eigentümer, der städtischen Bochum Senioren GmbH?
  3. Inwiefern ist für den Eigentümer der Immobilie eine Vermietung an das Land (zur Nutzung der Immobilie als ZUE) ggf. lukrativer als eine Nutzung der Immobilie als Seniorenheim?
  4. Inwiefern wäre die Landesregierung bereit, die Anwohner im Falle eines Wertverlusts ihrer Immobilien zu entschädigen?6
  5. Inwiefern ist auch die Landesregierung bereit, im konkreten Fall – 2 ZUE und die LEA in unmittelbarer Nähe – eine Überforderung der betroffenen Anwohner festzustellen?

Enxhi Seli-Zacharias
Christian Loose

 

MMD18-6867

 

1 Vgl. https://www.waz.de/staedte/bochum/bochum-vier-weitere-fluechtlingseinrichtungen-sind-geplant-id240027612.html

2 Vgl. https://www.waz.de/staedte/bochum/bochum-umbau-zur-seniorenwohnanlage-nach-verkauf-geplant-id235932175.html

3 Vgl. https://www.convivo-gruppe.de/presse/ und https://www.carevor9.de/care-inside/nur-fuenf-convivo-einrichtungen-muessen-schliessen

4 Vgl. https://www.waz.de/staedte/bochum/fluechtlinge-sollen-in-altes-bochumer-seniorenheim-ziehen-id240025392.html

5 Vgl. https://www.waz.de/staedte/bochum/bochum-vier-weitere-fluechtlingseinrichtungen-sind-geplant-id240027612.html

6 Gemeint ist die Konstellation, dass es tatsächlich einen Zusammenhang gibt, was die Landesregierung in vorherigen Antworten auf andere Kleine Anfragen als Vermutung abgetan hat.


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2915 mit Schreiben vom 21. Dezember 2023 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung dazu vor, warum sich der derzei­tige Eigentümer der Immobilie offensichtlich nicht mehr für den Betrieb eines Se­niorenheims (mit einem neuen Betreiber) interessiert?

Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.

  1. Inwiefern war die spätere Nutzung der Immobilie als Seniorenheim Bestandteil des Kaufvertrags zwischen dem derzeitigen Eigentümer und dem vorherigen Eigentü­mer, der städtischen Bochum Senioren GmbH?

Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.

  1. Inwiefern ist für den Eigentümer der Immobilie eine Vermietung an das Land (zur Nutzung der Immobilie als ZUE) ggf. lukrativer als eine Nutzung der Immobilie als Seniorenheim?

Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.

  1. Inwiefern wäre die Landesregierung bereit, die Anwohner im Falle eines Wertver­lusts ihrer Immobilien zu entschädigen?

Es wird auf die Antwort der Landesregierung (LT-Drucksache 18/6781) auf die Kleine Anfrage 2705 vom 29.09.2023 verwiesen.

  1. Inwiefern ist auch die Landesregierung bereit, im konkreten Fall 2 ZUE und die LEA in unmittelbarer Nähe eine Überforderung der betroffenen Anwohner fest­zustellen?

Nach dem Sechs-Punkte-Plan zur Stabilisierung des Landesaufnahmesystems ist die Diskus­sion mit den Menschen vor Ort wichtig. Durch den Austausch vor Ort sollen Unsicherheiten und Ängste angesprochen und im Optimalfall vor Ort abgebaut werden, z.B. indem bei Veran­staltungen die Fragen der Bürgerinnen und Bürger direkt, offen und verständlich beantwortet werden.

Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Liegenschaften „Seniorenheim Grabelohstraße“ im Osten, der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Innenstadtnähe und der NU Watten­scheid im Westen der Stadt Bochum nicht in unmittelbarer Nähe zueinander liegen, sondern zwischen diesen Standorte Entfernungen > 10 Kilometer liegen.

 

MMD18-7518