Silvester-Brauchtum bewahren – Mit der Wiederholung des Feuerwerksverbots an Silvester droht der pyrotechnischen Industrie die Insolvenz

Antrag
vom 07.12.2021

Antragder AfD-Fraktion vom 07.12.2021

 

Silvester-Brauchtum bewahren Mit der Wiederholung des Feuerwerksverbots an Silvester droht der pyrotechnischen Industrie die Insolvenz

I. Kampagne gegen das Silvester-Brauchtum

Das Silvester-Brauchtum in Deutschland reicht weit in die Geschichte zurück. Schon die Ger­manen feierten zur Wintersonnenwende zwischen dem 24. Dezember und dem 6. Januar das sog. Julfest – das Ende des alten und der Anfang des neuen Jahres. Im Jahre 1506 wurde anlässlich des Reichstags in Konstanz das erste Feuerwerk in Deutschland gezündet.1 Seit­dem hat das Feuerwerk an Silvester in Deutschland immer mehr an Bedeutung gewonnen.

In den letzten Jahren mehren sich jedoch die Stimmen, welche das Silvester-Brauchtum ab­schaffen wollen. So warnt das Umweltbundesamt (UBA) jedes Jahr kurz vor Silvester vor der Feinstaubbelastung und der Lärmbelästigung der Tiere und leistet damit die Vorarbeit für die Abschaffung des Brauchtums. Kurz vor dem Jahreswechsel 2018 rief das Umweltbundesamt zum Verzicht auf das Silvesterfeuerwerk auf. Die Chefin des UBA wurde in der WELT mit den Worten zitiert:

„Wenn Sie an Silvester weniger Feuerwerk benutzen – oder ganz darauf verzichten –, können Sie dazu beitragen, die Feinstaubbelastung zu verringern – das hilft der Gesundheit und ver­ursacht weniger Müll auf den Straßen und in der Umwelt“.2

Nach den UBA-Berechnungen werden angeblich rund 4.500 Tonnen Feinstaub an Silvester in die Luft gepustet und die Feinstaubemissionen in der Silvesternacht entsprächen „etwa 15,5 Prozent der jährlich im Straßenverkehr abgegeben Feinstaubmenge“.

„Uns allen sollte klar sein, dass Silvesterfeuerwerk eine besondere Erhöhung der Feinstaub-werte zur Folge hat“, erklärte Schleswig-Holsteins Umweltminister Albrecht (Grüne) den Kieler Nachrichten.3

„Wer seiner Umwelt etwas Gutes tun will, sorgt mit dem zumindest teilweisen Verzicht sowohl für eine bessere Luftqualität in der Silvesternacht als auch für weniger Müll am Tag danach“, sagte der Umweltminister.

Auch die DUH fordert schon seit langem ein Böllerverbot an Silvester und beantragte 2019 erstmals in 67 Städten den Stopp der „Feuerwerk-Böllerei“.4 Sie warnte vor den „Gefahren des Feinstaubes der privaten Böllerei zum Jahreswechsel“ und sprach sich für die Alternative von Licht- und Lasershows aus. In der Pressemitteilung zur Forderung heißt es auch, dass inner­halb weniger Stunden die Feuerwerkskörper zum Jahreswechsel „circa 5.000 Tonnen Fein­staub frei[setzen], das entspricht 16 Prozent der jährlichen im Straßenverkehr entstehenden Feinstaubmenge“. Die RP-Online schrieb in ihrem Artikel „In diesen NRW-Städten will die Deutsche Umwelthilfe Feuerwerk verbieten“ vom 23. Oktober 2019, dass laut Aussage des DUH-Chef sogar „ein Sechstel der Feinstaub-Menge in die Luft“ geblasen werde. Diese Anga­ben liegen damit höher als die vom UBA geschätzten Zahlen und zeigen, dass die DUH die Feinstaubemissionen bewusst dramatisierte.

II. Wissenschaftliche Berechnung der Feinstaub-Emissionen

Doch alle diese in Umlauf gebrachten Zahlen von der Feinstaubbelastung waren ohne Daten­grundlage. Die Zahlen waren nicht belastbar und nur grob geschätzt.

Eine Studie im Auftrag des Verbandes der pyrotechnischen Industrie (VPI) unter Beteiligung des Umweltbundesamtes (UBA) kam zu dem Ergebnis, dass das Feuerwerk in der Silvester­nacht 2019/2020 etwa 1.477 Tonnen Feinstaub in ganz Deutschland verursacht hat. Das Sil­vester-Feuerwerk hat laut der Studie demzufolge einen Anteil an den jährlichen Feinstaube-missionen von 0,7 Prozent.

Diese neuen Studienerkenntnisse haben den wissenschaftlichen Peer-Review-Process be­standen und wurden später im Februar 2021 in einem Fachmagazin veröffentlicht.5 Nicht nur wurde erstmals eine genaue und korrekte Feinstaubemission aus der Verwendung von Feu­erwerk berechnet, sondern diese Zahlen offenbarten auch, dass vergangene politische Aus­sagen und Entscheidungen ohne belastbare Berechnungsgrundlage waren.

Diese Zahlen sind insofern erstaunlich, weil das UBA nach eigenen Schätzungen von bislang über 4.500 Tonnen Feinstaub durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern ausgegangen war. In einer Pressemitteilung hat sich das Umweltbundesamt am 3. Dezember 2020 korrigiert und davon gesprochen, dass die Neuberechnung „valide und fachlich korrekt“ ist.6 Trotzdem warnt das UBA in der gleichen Pressemitteilung vor der Feinstaubbelastung in der Atemluft an Neujahr und erneut vor den Gesundheitsgefahren durch das Einatmen von Feinstaub. Ein Bild mit dem Untertitel „Schon ein kleines Feuerwerk macht dicke Luft“ ziert die Pressemitteilung. Mit den Ergebnissen der Studie korrigierte das UBA seine Schätzungen des jährlichen Feinstaubausstoßes nun auf 2.050 Tonnen (nicht jedoch auf den Wert der Studie von 1.477 Tonnen) und spricht von einem aufgerundeten Prozent der gesamten freigesetzten Feinstaub-menge an Silvester.7

III. Corona-Lockdown und das Verkaufsverbot 2020/21

Ganz massiv hat DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch für ein Verkaufs- und Böllerver-bot geworben. So erklärte er, dass der Feinstaub „im Zusammenhang mit Covid-19 noch alarmierender“ sei.8 So bestünde angeblich ein Zusammenhang zwischen hoher Luftbelastung und einem schweren Krankheitsverlauf bei Covid-19. Wissenschaftliche Studien, welche die­sen Verdacht vor dem Hintergrund der wahren Zahlen bestätigen können, hat es auf breiter Basis jedoch nicht gegeben. Die Möglichkeit, Silvester unter damaligen Gesichtspunkten „Corona-konform“ durchzuführen, wurde nie geprüft.

Trotz des neueren Informationsstandes über die tatsächliche Feinstaub-Menge an Silvester wurde im Zuge der Bekämpfung der Corona-Pandemie ein Verkaufsverbot von Feuerwerks­körpern beschlossen. Hintergrund des Verbots war die Sorge um Menschengruppen, die sich in der Silvesternacht bilden und somit mutmaßlich zur Infektionsausbreitung von SARS-Covid-19 hätten beitragen können.

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat mit Zustimmung des Bundesrates den Verkauf von Silvesterfeuerwerk deutschlandweit untersagt und die entsprechende Verordnung trat am 22. Dezember 2020 in Kraft.9 Diese politische Entscheidung so kurz vor Weihnachten hat den gesamten Wirtschaftszweig hart getroffen. Auf Grund der Saisonabhängigkeit produziert die Branche teilweise ihren kompletten Jahresbedarf mit einer Vorlaufzeit von bis zu einem Jahr für diese Nacht.

Die Firma WECO Feuerwerk GmbH ist Markführer im Bereich der Endverbraucherpyrotechnik in Deutschland und hat ihren Sitz in Eitorf. In einer Pressemitteilung wenige Tage vor Weih­nachten 2020 äußerte sich das pyrotechnische Unternehmen wie folgt:

„Die Ware ist vollständig vorfinanziert und wir haben die Auslieferung von über 130.000 Palet­ten geplant“, so Schreiber weiter. Die laufenden Sendungen wurden nun vollständig gestoppt und bereits ausgelieferte Ware muss wieder abgeholt werden. Das stellt das Unternehmen vor die nächsten Herausforderungen, denn die Kundenaufträge werden von deutschlandweit rund 30 Lagerstandorten ausgeliefert, die nun ebenfalls ein komplettes Jahr finanziert werden müs­sen. Das Unternehmen erwirtschaftet rund 95 Prozent des Jahresumsatzes mit Silvesterfeu­erwerk und an nur drei Tagen im Jahr.“10

Die Branche konnte Anträge auf Überbrückungshilfen stellen, doch war die Antragstellung sehr aufwendig und bis heute sind noch immer nicht alle Hilfen ausgezahlt. Jedoch waren die Kos­ten für die Rückholaktion und Einlagerung so enorm, dass die Hilfen nicht zur Deckung der Verluste reichten. Das Unternehmen in Eitorf spricht von einem Verlust in zweistelliger Millio­nenhöhe. Dies führte zur Schließung eines Produktionsstandortes in Freiberg und der Entlas­sung von rund 100 Mitarbeitern.11

IV. Ministerpräsident Wüst sorgt für den Todesstoß

Am 02. Dezember 2021 hat die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) unter Leitung des NRW-Ministerpräsidenten Wüst entschieden, das Verkaufs-, Anwendungs- und Versammlungsver­bot von Feuerwerk an Silvester 2020/21 zu wiederholen.12 Es waren vor allen Dingen die unionsgeführten Länder, welche dies forderten.13 Ein solches Verbot wurde in der Plenarsit­zung im Landtag NRW einen Tag vor der MPK in der Unterrichtung der Landesregierung nicht angekündigt. Die nunmehr wieder so kurzfristig im Dezember getroffenen Entscheidung für das Verbot trifft die Branche erneut empfindlich.

In einer Pressemitteilung am 2. Dezember 2021 äußerte sich die WECO Feuerwerk GmbH schockiert über die beschlossene Corona-Maßnahme.14 So heißt es in der Pressemitteilung:

„Die Entscheidung zum Verbot scheint vollständig auf subjektiven Empfindungen und Populis­mus zu beruhen und weder auf wissenschaftlichen Erkenntnissen noch auf Grundlage von Studien. Denn diese gibt es nämlich nicht. Man sollte aber annehmen können, dass Be­schlüsse nicht aus einem Bauchgefühl gefasst werden. Scheinbar ist das nicht so“, betont Thomas Schreiber, Sprecher der Geschäftsführung.“

Außerdem erklärt das Unternehmen, erneut von der Entscheidung überrascht worden zu sein. Trotz mehrfach erfolgten Kontaktversuchen von Seiten der Branchenverbände VPI (Verband der pyrotechnischen Industrie) sowie des BVPK (Bundesverband für Pyrotechnik und Kunst­feuerwerk) gab es bis zuletzt von niemandem aus der Regierung ein Gesprächsangebot.15 Alleine die Firma WECO Feuerwerk GmbH muss nun 160.000 Paletten bereits kommissio-nierte Ware wieder zurückholen.

Der VPI spricht in seiner Stellungnahme vom endgültigen Aus für die 3.000 Beschäftigten in der Feuerwerksbranche.16 So heißt es in der Stellungnahme: „[Mit] den steigenden Infektions­zahlen dürfe die Bereitschaft nicht sinken, sich an Fakten zu halten.“ und weiter „Mit der Ent­scheidung gegen Feuerwerk haben Bund und Länder auf Basis von falsch gesetzter Panik riskiert, dass es jetzt endgültig aus sein könnte für unsere Branche.“ Über die existenzbedro­hende Situation für die gesamte Branche schreibt der VPI: „Wir sprechen hier von aktuellen Bankverbindlichkeiten der Branche, die nach zwei Jahren ohne Umsätze 200.000.000 Euro bedeuten.“17

Auch der Bundesverband Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk e.V. hat sich zum Beschluss am 2. Dezember 2021 geäußert: „Der heutige Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz, den Ver­kauf von Silvesterfeuerwerk zu verbieten, löst Entsetzen in Branche und bei feuerwerksbe­geisterten Menschen aus. Das Verbot von individuellem Silvesterfeuerwerk ist ungeeignet zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie“ und sei reine Symbolpolitik.18

V. Der Landtag stellt fest,

  • dass das Silvester-Brauchtum zu unserer deutschen Kultur gehört;
  • dass das Feiern an Silvester mit Feuerwerk auch ein Ausdruck von Freude und Spaß ist;
  • dass noch immer Falschinformationen bezüglich der Feinstaub-Belastung an Silvester kursieren;
  • dass die Feuerwerksbranche 95 Prozent ihres Umsatzes zu Silvester und an drei Tagen im Jahr macht und dass ein Böller- und Feuerwerksverbot an Silvester die Branche be­sonders hart trifft;
  • dass die Finanzhilfen nicht für die Deckung der Verluste reichten und damit vielen Unter­nehmen in der Branche eine Insolvenz droht;
  • dass die Ministerpräsidentenkonferenz durch ihre kurzfristige Entscheidung den Rechts­weg für die Unternehmen erschwert habe;
  • dass die pyrotechnischen Unternehmen eigentlich gesund und solvent sind, wenn die Po­litik ihr Geschäftsfeld nicht beschneiden würde.

VI. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. deutlich gegen Falschinformationen bezüglich der Feinstaub-Belastung an Silvester vor­zugehen und sich gegen ein Silvester- und Böllerverbot einzusetzen;
  2. dafür zu sorgen, dass Feuerwerk auch in diesem Jahr generell und wieder auf öffentlichen und belebten Plätzen stattfinden kann;
  3. eine belastbare und wissenschaftliche NRW-Studie in Auftrag zu geben, welche aufzeigt, wie der Zusammenhang zwischen Corona und Feinstaub wirklich ist;
  4. gemeinsam mit dem Bund den Umsatzausfall für die Feuerwerksbranche in angemesse­ner Höhe zu kompensieren, damit die Arbeitsplätze erhalten bleiben können und Insol­venzen verhindert werden können.
  5. alle Möglichkeiten zu prüfen und zu nutzen, damit der Verkauf der Feuerwerkskörper schnellstmöglich noch in diesem Jahr erfolgen kann. Hierbei kann zur Entzerrung der Lo­gistik auch ein früherer Verkaufszeitpunkt und ein außerordentlicher rund-um-die-Uhr-Werksverkauf in Betracht gezogen werden.

Dr. Christian Blex
Christian Loose
Markus Wagner
Andreas Keith

und Fraktion

 

Antrag als PDF

 

1 https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Silvester-Warum-feiern-wir-mit-Feuerwerk,silves-ter742.html

2 https://www.welt.de/vermischtes/article186272526/Feinstaub-Gefahr-Umweltbundesamt-ruft-zu-Verzicht-auf-Silvesterfeuerwerk-auf.html

3 https://www.ln-online.de/Nachrichten/Norddeutschland/Gruener-Umweltminister-Albrecht-raet-zu-Verzicht-auf-Silvester-Feuerwerk

4 https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/deutsche-umwelthilfe-beantragt-in-98-mit-feinstaub-belasteten-staedten-den-stopp-der-feuerwerk-boeller/

5 https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/prep.202000292

6 https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/2050-tonnen-feinstaub-durch-feuer-werk-pro-jahr

7 https://www.umweltbundesamt.de/themen/luft/luftschadstoffe/feinstaub/feinstaub-durch-silvester-feuerwerk

8 https://www1.wdr.de/nachrichten/themen/coronavirus/silvester-feuerwerk-verbot-gefordert-100.html

9 https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2020/12/silvesterfeuerwerk.html

10 https://presse.weco.de/2020/12/14/verkaufsverbot-von-silvesterfeuerwerk-verbot-bringt-weco-in-existenzbedrohende-lage/

11 https://presse.weco.de/2021/12/02/350-mitarbeiterinnen-und-mitarbeiter-in-schockstarre-ein-zwei-tes-jahr-in-folge-feuerwerksverbot-ohne-grundlage/

12 https://www.welt.de/politik/deutschland/plus235410422/Corona-Gipfel-2G-im-Handel-Feuerwerks-verbot-Beschlussvorlage-im-Wortlaut.html

13 https://www.rnd.de/politik/boellerverbot-an-silvester-2021-bund-und-laender-einig-H3YA4PIP65DGBJXNI7TOQMETXQ.html

14 https://www.welt.de/politik/deutschland/plus235410422/Corona-Gipfel-2G-im-Handel-Feuerwerks-verbot-Beschlussvorlage-im-Wortlaut.html

15 https://presse.weco.de/2021/12/02/350-mitarbeiterinnen-und-mitarbeiter-in-schockstarre-ein-zwei-tes-jahr-in-folge-feuerwerksverbot-ohne-grundlage/

16 https://www.feuerwerk-vpi.de/

17 https://www.feuerwerk-vpi.de/presse/artikel/news/endgueltiges-aus-steht-bevor-vpi-fassungslos-ueber-folgenschwere-entscheidung-von-bund-und-laendern-ge/?tx_news_pi1%5Bcontrol-ler%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=3134991bbee863cd59e0fe88f7f17ffa

18 https://bvpk.org/aktuelles/feuerwerksverbot-2021