Kleine Anfrage 1625der Abgeordneten Dr. Martin Vincentz und Iris Dworeck-Danielowski vom 08.10.2018
Straffreiheit durch Beratungsregelung – wer dokumentiert die Ausgaben der Beratungsscheine?
Die Strafbarkeit eines Schwangerschaftsabbruchs regelt das Strafgesetzbuch in § 218 StGB, wonach dieser rechtswidrig ist. Er bleibt aber auf Grundlage der sogenannten Beratungsregelung unter bestimmten Bedingungen straffrei. Nach der Beratungsregelung gemäß § 218a Abs.1 StGB und §§ 5 ff. Schwangerschaftskonfliktgesetz bleibt der Schwangerschaftsabbruch unter folgenden Bedingungen straflos:
- Die Schwangere muss den Schwangerschaftsabbruch verlangen.
- Sie muss in einer staatlich anerkannten Beratungsstelle die gesetzlich vorgeschriebene Schwangerschaftskonflikt-Beratung wahrgenommen und dort den Beratungsschein erhalten haben.
- Zwischen dem Ausstellen des Beratungsscheins und dem Eingriff müssen mindestens drei Tage liegen.
- Es dürfen seit der Empfängnis (Befruchtung) nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sein. Dies entspricht der 14. Schwangerschaftswoche, wenn nicht vom Tag der Empfängnis, sondern vom ersten Tag der letzten Regelblutung gerechnet wird.
- Der Schwangerschaftsabbruch muss von einer Ärztin oder einem Arzt vorgenommen werden.
- Die Ärztin oder der Arzt, die oder der den Abbruch vornimmt, darf nicht die Schwangerschaftskonflikt-Beratung durchgeführt haben.
Die Beratung soll die Frau daher vor allem über Ihre Rechtsansprüche und mögliche Hilfen informieren, besonders über solche, die ihr eine Entscheidung zur Fortsetzung der Schwangerschaft erleichtern könnten. In Frage kommende Hilfen und Leistungen sollen ihr vermittelt werden. Unabhängig von Art, Umfang und Inhalt des Gespräches besteht nach der Inanspruchnahme ein Anspruch auf eine schriftliche Bestätigung der Beratung. Diese schriftliche Bestätigung ist ein offizielles Dokument, welches die Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs garantiert.
In diesem Zusammenhang fragen wir die Landesregierung:
- Wie viele staatlich anerkannte Beratungsstellen existieren in Nordrhein-Westfalen? (Bitte aufschlüsseln nach Bezirk und Träger)
- Bei dem Beratungsschein handelt es sich um ein offizielles Dokument, welches eine Straffreiheit nach sich zieht – wird seitens der Träger die Anzahl der ausgegebenen Dokumente vermerkt und an das Land Nordrhein-Westfalen übermittelt?
- Bezugnehmend auf Frage zwei für den Fall einer negativen Antwort: Besteht die Möglichkeit seitens des Landes Nordrhein-Westfalen, die Anzahl der ausgegebenen Beratungsscheine abzufragen?
- Bezugnehmend auf Frage zwei für den Fall einer positiven Antwort: Wie hoch ist die Anzahl der ausgegebenen Beratungsscheine in den Jahren 2015 bis 2017? (Bitte aufschlüsseln nach Bezirken)
Dr. Martin Vincentz
Iris Dworeck-Danielowski
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Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 20.11.2018
Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 1625 mit Schreiben vom 20. November 2018 namens der Landesregierung beantwortet.
1. Wie viele staatlich anerkannte Beratungsstellen existieren in Nordrhein-Westfalen? (Bitte aufschlüsseln nach Bezirk und Träger)
In Nordrhein-Westfalen gibt es in 2018 insgesamt 235 staatlich anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen nach §§ 8, 9 Schwangerschaftskonfliktgesetz, hiervon 64 anerkannte Ärztinnen und Ärzte.
RB
Arnsberg |
RB
Detmold |
RB
Düsseldorf |
RB
Köln |
RB
Münster |
|
Träger | |||||
AWO | 6 | 3 | 8 | 8 | 0 |
Diakonie/Ev. Kirche | 11 | 7 | 11 | 7 | 8 |
donum vitae | 9 | 3 | 13 | 7 | 7 |
DRK | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 |
kommunal | 8 | 1 | 5 | 3 | 7 |
Paritätischer | 1 | 1 | 1 | 3 | 1 |
pro familia | 4 | 4 | 9 | 11 | 3 |
Insg. | 40 | 19 | 47 | 39 | 26 |
anerkannte Ärztinnen und Ärzte | 4 | 2 | 24 | 31 | 3 |
2. Bei dem Beratungsschein handelt es sich um ein offizielles Dokument, welches eine Straffreiheit nach sich zieht – wird seitens der Träger die Anzahl der ausgegebenen Dokumente vermerkt und an das Land Nordrhein-Westfalen übermittelt?
Nein, dem Land wird die Anzahl der durchgeführten Konfliktberatungen übermittelt und nicht die Anzahl der ausgegebenen Beratungsscheine.
3. Bezugnehmend auf Frage zwei für den Fall einer negativen Antwort: Besteht die Möglichkeit seitens des Landes Nordrhein-Westfalen, die Anzahl der ausgegebenen Beratungsscheine abzufragen?
Nein.
4. Bezugnehmend auf Frage zwei für den Fall einer positiven Antwort: Wie hoch ist die Anzahl der ausgegebenen Beratungsscheine in den Jahren 2015 bis 2017? (Bitte aufschlüsseln nach Bezirken)
Siehe Antwort Frage 2.