Überraschende Wendung beim Luxus-Schleuserskandal im Rhein-Erft-Kreis: Widersprüche zwischen Kreis und Ermittlungsbehörden – Wie ist der Stand der Ermittlungen in Bezug auf den ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Zylajew?

Kleine Anfrage
vom 25.07.2024

Kleine Anfrage 4223

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Christian Loose AfD

Überraschende Wendung beim Luxus-Schleuserskandal im Rhein-Erft-Kreis: Widersprüche zwischen Kreis und Ermittlungsbehörden – Wie ist der Stand der Ermittlungen in Bezug auf den ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Zylajew?

Wie der Rhein-Erft-Kreis über einen Anwalt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mitteilen ließ, habe die Bundespolizei im Zuge der Ermittlungen im Schleuserskandal darum gebeten, missbräuchlichen Anträgen in der Ausländerbehörde stattzugeben. Anders ausgedrückt habe die Bundespolizei in Erwartung weitergehender Infos die Tatverdächtigen walten lassen, um auf diesem Weg die Ermittlungsergebnisse nicht zu gefährden. Die Ermittlungsbehörden selbst bestreiten dies. Das geht aus einem Artikel des Kölner Stadtanzeigers vom 18.07.2024 hervor.1

Aus einem früheren Artikel vom 27.06.2024 geht hervor, dass ein „altgedienter CDU-Politiker“ im Auftrag des Anwalts und mutmaßlichen Banden-Chefs B. auf Entscheidungsträger der Verwaltung eingewirkt haben soll, um Aufenthaltsgenehmigungen gegen den Widerstand einer Mitarbeiterin im Ausländeramt durchzudrücken.2 Dem Kölner Stadt-Anzeiger seien nach eigener Aussage beide Identitäten bekannt. Allerdings hätten sowohl der Rhein-Erft-Kreis als auch der CDU-Politiker Medienanwälte eingeschaltet, die sich auf die Persönlichkeitsrechte ihrer Mandanten berufen. Es werde – so der Kölner Stadt-Anzeiger – mit presserechtlichen Konsequenzen gedroht, sollte man die Namen veröffentlichen.

Weiterhin wird berichtet, dass gegen den CDU-Politiker wegen des Anfangsverdachts der gewerbsmäßigen Schleusung und der Bestechlichkeit ermittelt werde. So soll er bei dem mutmaßlichen Schleuser-Boss B. eine Parteispende in Höhe von 12.500 Euro eingeworben haben. Bei dem Politiker wurde durchsucht und Telefonüberwachungsprotokolle belasten ihn schwer. Sein Anwalt betont indes, dass sein Mandant nichts von illegalen Schleusergeschäften gewusst habe. Bis zu einer Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.

Der Rechtsvertreter des Rhein-Erft-Kreises hebt dagegen hervor, dass die Verwaltung, insbesondere das Ausländeramt, in der Schleusergeschichte eng mit den Strafverfolgungsbehörden zusammengearbeitet habe. Das ist auch richtig, was die zeitweilige und intensive Kooperation zwischen Sachbearbeiterin B. und den Ermittlern in den Jahren 2019 und 2020 betrifft. Allerdings scheint dies nicht für alle Mitarbeiter im Ausländeramt gegolten zu haben.

Während die Landesregierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage zu Protokoll gab, dass nach Auskunft der leitenden Oberstaatsanwältin in Düsseldorf „beim Rhein-Erft-Kreis der Verdacht besteht, dass einzelne Mitarbeiter des dortigen Ausländeramtes Aufenthaltserlaubnisse in Kenntnis des Umstandes erteilt haben, dass die eingereichten Antragsnachweise inhaltlich unzutreffend waren“, weist dies der Medienanwalt des Kreises zurück: „Wie bereits mitgeteilt, sind uns bisher keine Ermittlungen gegen Mitarbeitende des Rhein-Erft-Kreises bekannt. Wie dargestellt, ist beim Rhein-Erft-Kreis die Zusammenarbeit der Mitarbeitenden des Ausländeramtes mit den Ermittlungsbehörden aktenkundig.“

In dem Kontext betont der Landkreis immer wieder, dass ein Mitarbeiter des Ausländeramtes von der ermittelnden Bundespolizeiinspektion in einem Fall ausdrücklich darum gebeten worden sei, dieses Verfahren nicht als Grundlage für ausländerrechtliche Entscheidungen zu nehmen, um nicht einen Hinweis auf das Strafverfahren zu liefern und somit die Ermittlungen zu gefährden.3

Bereits am 22.05.2024 stand u. a. der CDU-Kreisverband Rhein-Erft im Zusammenhang mit dem Schleuserskandal im Fokus eines Spiegel-Artikels. Damals hieß es:

„Anders sieht es offenbar im Rhein-Erft-Kreis aus, wo die CDU ebenfalls mit Spenden bedacht wurde. Den Ermittlungen zufolge soll dort der langjährige Kreis- und frühere Bundestagsabgeordnete Willi Zylajew in der Verwaltung vorstellig geworden sein, womöglich auch im Sinne der Schleuser.

Man arbeite nicht zusammen, soll der Politiker laut Akten einem Beschuldigten gesagt haben, aber wenn derjenige etwas für die CDU tun könne, freue er sich darüber. Laut Partei flossen über mehrere Jahre insgesamt 12.500 Euro aus dem Umfeld von B. an den Kreisverband Rhein-Erft.

Ein Anwalt von Zylajew teilte auf Anfrage mit, sein Mandant habe „keine Kenntnis von kriminellen Schleuseraktivitäten gehabt, die dem beschuldigten Rechtsanwalt vorgeworfen würden. Zu keinem Zeitpunkt hat er diesen in Erwartung einer Spende oder als Gegenleistung hierfür unterstützt.“ Auch gegen Zylajew wird ermittelt.“4

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Inwiefern ist es zutreffend, dass – entgegen einer vorherigen Antwort der Landesregierung – die Bundespolizei im Zuge der Ermittlungen im Schleuserskandal darum gebeten hat, missbräuchlichen Anträgen in der Ausländerbehörde im Rhein-Erft-Kreis stattzugeben, um die weiteren Ermittlungen nicht zu gefährden? (Bitte in diesem Zusammenhang angeben, wer ggf. in die Absprachen mit der Bundespolizei eingeweiht war)
  2. Inwiefern bleibt die Landesregierung bei der Aussage, dass beim Rhein-Erft-Kreis der Verdacht besteht, dass einzelne Mitarbeiter des dortigen Ausländeramtes Aufenthaltserlaubnisse in Kenntnis des Umstandes erteilt haben, dass die eingereichten Antragsnachweise inhaltlich unzutreffend waren? (Bitte in diesem Zusammenhang angeben, ob sich der Verdacht mittlerweile erhärtet bzw. bestätigt hat)
  3. Der Spiegel berichtete am 22.05.24 über Ermittlungen gegen den früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Willi Zylajew. Was haben die Ermittlungen in diesem Zusammenhang bisher ergeben?
  4. Der Spiegel mutmaßt, dass der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Willi Zylajew „in der Verwaltung vorstellig geworden sein, womöglich auch im Sinne der Schleuser.“ Aus einem Artikel des Kölner Stadt-Anzeigers geht hervor, dass ein „altgedienter CDU-Politiker“ im Auftrag des Anwalts und mutmaßlichen Banden-Chefs B. auf Entscheidungsträger der Verwaltung eingewirkt haben soll, um Aufenthaltsgenehmigungen gegen den Widerstand einer Mitarbeiterin im Ausländeramt durchzudrücken. Inwiefern handelt es sich nach derzeitigem Ermittlungsstand um ein und dieselbe Person?
  5. Wie der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet, flossen über mehrere Jahre insgesamt 12.500 Euro aus dem Umfeld von B. an den CDU-Kreisverband Rhein-Erft. Welche Detail-Informationen liegen der Landesregierung zu diesen Spenden derzeit vor – also Datum, genauer Empfänger, Verwendungszweck?

Enxhi Seli-Zacharias
Christian Loose

 

MMD18-10111

 

1 Vgl. https://www.ksta.de/region/rhein-erft/schleuser-affaere-staatsanwaltschaft-widerspricht-rhein-erft-kreis-830167

2 Vgl. https://www.ksta.de/politik/nrw-politik/schleuser-skandal-wie-ein-cdu-spitzenpolitiker-unterstuetzt-haben-soll-818010

3 Vgl. https://www.ksta.de/region/rhein-erft/schleuser-affaere-staatsanwaltschaft-widerspricht-rhein-erft-kreis-830167

4 Vgl. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/herbert-reul-wie-ein-schleuserskandal-den-nrw-innenminister-in-bedraengnis-bringt-a-d059ea8c-fce1-4ba2-a68c-a951f7d886be


Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 4223 mit Schreiben vom 2. September 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern, der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration sowie der Ministerin für Hei­mat, Kommunales, Bau und Digitalisierung beantwortet.

  1. Inwiefern ist es zutreffend, dass – entgegen einer vorherigen Antwort der Landes­regierung – die Bundespolizei im Zuge der Ermittlungen im Schleuserskandal da­rum gebeten hat, missbräuchlichen Anträgen in der Ausländerbehörde im Rhein-Erft-Kreis stattzugeben, um die weiteren Ermittlungen nicht zu gefährden? (Bitte in diesem Zusammenhang angeben, wer ggf. in die Absprachen mit der Bundes­polizei eingeweiht war)

Dem Bericht der Leitenden Oberstaatsanwältin in Düsseldorf vom 06.08.2024 zufolge haben Bedienstete des Ausländeramtes des Rhein-Erft-Kreises mit den Ermittlungsbehörden koope­riert und zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen. Die Bediensteten seien gebeten wor­den, bei der Antragsprüfung die bloße Existenz des Ermittlungsverfahrens unberücksichtigt zu lassen, um den Untersuchungszweck nicht zu gefährden. Die ermittelnden Polizeibehörden haben dem Randbericht des Generalstaatsanwalts in Düsseldorf vom 08.08.2024 zufolge zu keinem Zeitpunkt bei den Ausländerämtern darauf hingewirkt, missbräuchlichen Anträgen stattzugeben oder bereits zu Unrecht erteilte Aufenthaltsgenehmigungen zu verlängern.

  1. Inwiefern bleibt die Landesregierung bei der Aussage, dass beim Rhein-Erft-Kreis der Verdacht besteht, dass einzelne Mitarbeiter des dortigen Ausländeramtes Auf­enthaltserlaubnisse in Kenntnis des Umstandes erteilt haben, dass die eingereich­ten Antragsnachweise inhaltlich unzutreffend waren? (Bitte in diesem Zusammen­hang angeben, ob sich der Verdacht mittlerweile erhärtet bzw. bestätigt hat)

Nach dem in der Antwort auf die Frage 1 bezeichneten Bericht hat ein Hauptbeschuldigter im Rahmen seiner Einlassung Bedienstete des betroffenen Ausländeramtes nicht unerheblich belastet. Dies sei Gegenstand andauernder Ermittlungen.

  1. Der Spiegel berichtete am 22.05.24 über Ermittlungen gegen den früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Willi Zylajew. Was haben die Ermittlungen in diesem Zusammenhang bisher ergeben?
  2. Der Spiegel mutmaßt, dass der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Willi Zylajew „in der Verwaltung vorstellig geworden sein, womöglich auch im Sinne der Schleuser.“ Aus einem Artikel des Kölner Stadt-Anzeigers geht hervor, dass ein „altgedienter CDU-Politiker“ im Auftrag des Anwalts und mutmaßlichen Banden-Chefs B. auf Entscheidungsträger der Verwaltung eingewirkt haben soll, um Auf­enthaltsgenehmigungen gegen den Widerstand einer Mitarbeiterin im Ausländer­amt durchzudrücken. Inwiefern handelt es sich nach derzeitigem Ermittlungs­stand um ein und dieselbe Person?

Zum Schutz der andauernden Ermittlungen wird derzeit von der Mitteilung weiterer Einzelhei­ten im Sinne der Fragestellungen 3 und 4 abgesehen. Eine solche Mitteilung könnte die Aus­sagen in Betracht kommender Zeuginnen und Zeugen sowie die Aussagebereitschaft beschul­digter Personen nicht unwesentlich beeinflussen und Rückschlüsse auf Erkenntnisquellen der Ermittlungsbehörden ermöglichen.

  1. Wie der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet, flossen über mehrere Jahre insgesamt 12.500 Euro aus dem Umfeld von B. an den CDU-Kreisverband Rhein-Erft. Welche Detail-Informationen liegen der Landesregierung zu diesen Spenden derzeit vor also Datum, genauer Empfänger, Verwendungszweck?

Auf die Antwort der Landesregierung zu den Fragen 1 bis 5 der Kleinen Anfrage 3838 (Land­tagsdrucksache 18/9704) wird verwiesen.

 

MMD18-10481