Antrag
der Fraktion der AfD
Unsere Justizvollzugsbediensteten leisten Hervorragendes. Wir stehen zu ihnen und zeigen dies, indem wir endlich die Kosten der Dienstkleidung übernehmen.
I. Ausgangslage
Justizvollzugsbedienstete arbeiten unter schwierigen und außerordentlichen Bedingungen. Ihnen gebührt unsere besondere Wertschätzung. Stellvertretend für uns sorgen sie nicht nur für die sichere Unterbringung von 13.493 Gefangenen in den nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten (Stand 31. März 2022), sie kümmern sich auch gleichzeitig um deren Reso-zialisierung.1 Die Beamten des allgemeinen Vollzugsdienstes sind dabei zum Tragen einer Dienstkleidung verpflichtet. Diese Dienstanweisung stellt keine Besonderheit dar und ist selbstverständlich auch in anderen Bereichen der Arbeitswelt zu finden – sowohl bei staatlichen wie auch bei privaten Arbeitgebern. Die größte vergleichbare Schnittmenge bietet beispielsweise die Polizei. Allerdings haben Bedienstete von Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen das Nachsehen, wenn es um die zur Verfügungstellung von Dienstkleidung geht. Denn ihnen wird diese nicht kostenfrei zur Verfügung gestellt. Nach wie vor müssen sie die Kleidungsstücke bei einem Vertragshändler erwerben und dafür den sogenannten Dienst-kleidungszuschuss verwenden. Damit einhergehend sind noch weitere Probleme verbunden. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands – Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V. (BSBD) hat dazu Stellung bezogen und diesen Umstand richtigerweise kritisiert. Dazu führt der Verein aus, dass im Vollzugsdienst der Polizei „seit langer Zeit eine Kleiderkammer unterhalten“ werde.2 Der Vorteil einer solchen Kleiderkammer besteht darin, dass die Dienstkleidung und deren Einzelstücke zentral ausgeschrieben und beschafft werden. Gleichzeitig gewährleistet eine regelmäßige Überprüfung der Lieferungen einen hohen Qualitätsstandard. Dazu wurde eigens eine Bekleidungstechnikerin eingestellt, deren Aufgabe darin besteht, jede Charge zu prüfen und regelmäßig stichprobenartige Laboranalysen zu veranlassen. Dadurch wird eine konstant gleiche Materialzusammensetzung sichergestellt.3
Diese enorme Aufwertung und Attraktivitätssteigerung des Berufsbildes findet man bei Justiz-vollzugsbediensteten bisher leider nicht. Statt einer Kleiderkammer gibt es lediglich eine Dienstkleidungsvorschrift als Grundlage für die Beschaffung der Dienstkleidung. Obwohl diese an die Verhältnisse bei der Polizei angelehnt ist, darf sie diesen jedoch nicht gänzlich entsprechen. Als Kompensationsleistung erhält der Justizvollzugsbeamte einen monatlichen Dienstkleidungszuschuss in Höhe von 35,00 Euro.4
Des Weiteren kritisiert der BSBD, dass von neu eingestellten Mitarbeitern üblicherweise erwartet wird, dass sie vom ersten Arbeitstag an eine Dienstkleidung tragen. Damit die Neuankömmlinge diese Vorgabe erfüllen können, ist eine finanzielle Vorabinvestition nötig. Diese stellt nicht nur eine monetäre Belastung dar, sondern greift auch indirekt in die persönliche Entscheidung einer jeden Nachwuchskraft ein, ob die Tätigkeit auch auf Dauer ausgeübt werden kann. Denn angehende Justizvollzugsbeamte werden angehalten, eine kontinuierliche Selbstreflexion während der Probezeit durchzuführen, um so besser für sich beurteilen zu können, ob sie diese Tätigkeit auch längerfristig ausüben wollen. Von einer teils starken Beeinflussung des persönlichen Abwägungsprozesses ist somit auszugehen.5
Auch das Faktum des sich im Laufe des Lebens verändernden Körpers kann Justizvollzugsbeamte in die Situation bringen, dass sie eine neue Dienstkleidung benötigen, was wiederum mit einem finanziellen Aufwand verbunden ist. Gewichtszunahme wie auch -verlust spielen dabei sicherlich eine entscheidende Rolle. Hierzu führt der BSBD aus, dass „Bedienstete, die unter gesundheitlichen Einschränkungen leiden, oder […] Kolleginnen, die während einer Schwangerschaft Dienstkleidung in der jeweils benötigten Größe beschaffen müssen“, derart wichtige Fälle präsentieren, dass sie „die Einrichtung einer Kleiderkammer erforderlich erscheinen lassen“.6
Der Erwerb von Dienstkleidung macht zudem auch deutlich, dass es im Vergleich zu normaler Alltagsbekleidung nur eine sehr übersichtliche Anzahl an Lieferanten gibt, von denen der einzelne Bedienstete die Dienstkleidungsstücke erwerben kann und die zudem vom Land benannt werden. Dabei sind die Justizvollzugsbeamten mit der Tatsache konfrontiert, dass die eigentlich von allen Lieferanten im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens bemusterte Qualität nicht immer eingehalten wird. Dies führt dazu, dass die Bediensteten eigenständig eine Abweichung von der Angebotsqualität nachweisen und Rechte aus dem Kaufvertrag wahrnehmen müssen. An dieser Stelle wird die besondere Bedeutung einer zentralen Beschaffung erneut deutlich, da so direkt auf etwaige Qualitätsabweichungen professionell reagiert werden könnte. Um hervorzuheben, dass es sich bei dieser Problematik um keine theoretische handelt, führt der BSBD das Beispiel eines Justizvollzugsbeamten an, der ein Polo-Shirt bei einem zugelassenen Lieferanten bestellt hatte, bei dem „im direkten Vergleich mit einem zuvor gelieferten Polo-Shirt desselben Lieferanten […] deutliche Unterschiede in Haptik, Knitterfreiheit sowie im Geruch und im Tragekomfort festgestellt werden“ konnten. Eine im Anschluss in der JVA Castrop-Rauxel durchgeführte Gewebeanalyse beider Polo-Shirts im Labor ergab eindeutige Unterschiede. Das erste Shirt entsprach den vom Land aufgestellten Qualitätsanforderungen, das zweite Shirt wich allerdings in relevanten Punkten ab.7
Der Gesetzgeber und somit der Dienstherr sollte ein großes Interesse daran haben, dass seine 9.617 Beschäftigten in den nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten (Stand 01.01.2022) nicht mit derartigen Problemen konfrontiert werden.8 Für die Qualitätsminderung sind in den meisten Fällen ökonomische Gründe maßgebend, unter deren Ergebnis der einzelne Beschäftigte zu leiden hat. Die betriebswirtschaftlichen Interessen der Lieferanten forcieren eine größtmögliche Gewinnmaximierung, wodurch es zu solchen Qualitätseinschnitten kommt. Gleichzeitig setzen die Firmen darauf, dass die Beschäftigten der Justizvollzugsanstalten diese Mängel schlichtweg hinnehmen oder aufgrund von fehlender Sachkenntnis nicht dagegen intervenieren. Darüber hinaus beklagen sich nach Ansicht des BSBD Bedienstete der Justizvollzugsanstalten darüber, dass zum einen Dienstkleidungsstücke nicht zu jeder Jahreszeit bestell- und lieferbar sind. So wird von im Herbst bestellten Winterjacken berichtet, die erst im folgenden Sommer ausgeliefert wurden. Zum anderen seien einige Dienstkleidungsstücke gar nicht oder nur zu utopischen Preisen lieferbar.9
Dass die nordrhein-westfälische Richtlinien hinsichtlich der Berufsbekleidung für Justizvoll-zugsbedienstete modifiziert und damit arbeitnehmerfreundlich gemacht werden können, belegen andere Bundesländer. So wird in Thüringen den Dienstkleidungsträgern bei Dienstantritt die Grundausstattung ausgehändigt, und die personalführende Stelle beauftragt und organisiert die Ersteinkleidung. Darüber hinaus erhalten Dienstkleidungsträger widerruflich eine Dienstkleidungsunterstützung, die ihnen in Form eines unentgeltlichen Sachbezugsrechts gewährt wird.10 Aber auch das Bundesland Berlin verfährt im Sinne des Arbeitnehmers. Dort wird die Dienstkleidung vom Dienstherrn bereitgestellt und geht in den unmittelbaren Besitz der Dienstkleidungsträger über. Weiter heißt es, dass „die Bestellung der Dienstkleidung […] durch die Bediensteten nach Bedarf mit Hilfe eines IT-gestützten Verfahrens in der Dienststelle“ er-folgt.11 Aber auch in Sachsen werden Bedienstete mit Dienstkleidung ausgestattet. So heißt es in der Verwaltungsvorschrift unter der Rubrik „Ausstattung mit Dienstkleidung“:
„Die in Ziffer I Nummer 1 genannten Personen erhalten Dienstkleidung, soweit sie zur Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben zum Tragen von Dienstkleidung verpflichtet sind.
Der Umfang der Grundausstattung für die in der Anlage 3 genannten Bediensteten kann erweitert werden, wenn durch die Wahrnehmung der Aufgaben als Diensthundeführer oder Mitglied der Sicherheitsgruppe Justizvollzug ein höherer Bedarf an Dienstkleidung entsteht. Ihnen können aus gleichem Grund Bekleidungsstücke nach Anlage 2 ohne Belastung des persönlichen Bekleidungskontos (Bekleidungskonto) zur Verfügung gestellt werden. Die Entscheidung hierüber obliegt dem Staatsministerium der Justiz.“12
II. Der Landtag stellt fest:
- Justizvollzugsbedienstete arbeiten unter schwierigen und außerordentlichen Bedingungen. Für ihren Dienst an unserer Gesellschaft haben sie unsere vollste Unterstützung und Rückendeckung.
- Wenn der Staat als Arbeitgeber eine Dienstbekleidung vorschreibt, dann liegt das Stellen dieser Bekleidung natürlich auch in dessen Sphäre.
- Das Land strebt mit der Dienstkleidung ein einheitliches Erscheinungsbild des allgemeinen Vollzugsdienstes an und verleiht so dem einzelnen Bediensteten, aber auch ih-rer/seiner Gesamtheit eine auch durch die Bekleidung ausgedrückte Wertschätzung und damit auch einen Autoritätsgewinn gegenüber den Gefangenen.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- ein vernünftiges und qualitativ hochwertiges Beschaffungsverfahren zum Beispiel in Form einer zentralen Kleiderkammer zu errichten, die die benötigten Dienstkleidungsstücke in gleichbleibender Qualität und unausgesetzt vorrätig hat;
- für die Bediensteten in den Justizvollzugsanstalten eine auskömmliche Reinigungspauschale einzuführen.
Markus Wagner
Enxhi Seli-Zacharias
Christian Loose
Sven W. Tritschler
Dr. Hartmut Beucker
Prof. Dr. Daniel Zerbin
Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith
und Fraktion
1 https://www.it.nrw/13-493-strafgefangene-sassen-im-maerz-2022-nrw-justizvollzugsanstalten-ein-18146.
2 Vgl. http://www.bsbd-nrw.de/fachbereiche/avd/avd-aktuell/975-dienstkleidung-dauerhaft-ein-aufre-gerthema.
3 Ebenda.
4 Ebenda.
5 Ebenda.
6 Ebenda.
7 Ebenda.
9 Vgl. Vgl. http://www.bsbd-nrw.de/fachbereiche/avd/avd-aktuell/975-dienstkleidung-dauerhaft-ein-auf-regerthema.
10 Vgl. https://www.bsbd-thueringen.de/aa_pdf/Ges019_VV_Dienstkleidung.pdf.
11 Vgl. Bekleidungsordnung für die Berliner Justizverwaltung.
12 Vgl. https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/13768-VwV-Justizdienstkleidung#romII.