Frühsexualisierung im Kindergarten

Große Anfrage
vom 15.11.2023

Große Anfrage 17

der Fraktion AfD

Frühsexualisierung im Kindergarten

Die Kita-Landschaft befindet sich im Wandel. Das ursprüngliche Ansinnen einer positiven und förderlichen Umgebung, in der sich Kinder körperlich, kognitiv, emotional und sozial entwickeln können und in der auf ihre individuellen Bedürfnisse eingegangen wird, wird zunehmend durch einen genderpolitischen Zeitgeist überschattet. Räume zur sexuellen Selbsterkundung oder erwünschte Doktorspiele mit festgelegten Spielregeln sind schon längst keine Seltenheit mehr. Immer mehr Kindertageseinrichtungen in Deutschland weisen neben einem pädagogischen Konzept auch ein sexualpädagogisches Konzept auf – Nordrhein-Westfalen stellt hierbei keine Ausnahme dar. Somit ist es nicht verwunderlich, dass die Diskussion rund um Frühsexualisierung in Kindertagesstätten in den letzten Jahren an Brisanz gewonnen hat.

So beispielsweise eine im nordrhein-westfälischen Kerpen. In ihrem sexualpädagogischen Konzept wird von Kindern geschrieben, die „sich selbst lustvolle Gefühle über die Selbststimulation zuführen können (Genital als Lustquelle)“ oder über unterschiedliche Sexualpraktiken aufgeklärt werden. Es wird darauf verwiesen, dass „Berühren, Streicheln, Liebkosen und Spielen an den eigenen (kindlichen) Geschlechtsteilen […] Masturbieren genannt wird.“ Ein separater Raum, in den sich Kinder zurückziehen können, um sich „körperlich zu entdecken und zu befriedigen“, wird ebenfalls als Bestandteil der Sexualerziehung wahrgenommen.1

Doch die Kerpener Kita ist in NRW kein Einzelfall. Zahlreiche weitere Kindertageseinrichtungen, wie beispielsweise eine in Burscheid, schreiben in ihren sexualpädagogischen Konzepten von erwünschten „Doktorspielen“, mit denen Kinder ihre kindliche Sexualität ausprobieren können. Untermauert werden die „Doktorspiele“ durch Regeln wie „Kein Kind tut dem anderen Kind weh“ oder „Gegenstände nicht in Körperöffnungen stecken (Nase, Ohren, Mund, Scheide, Po) oder Körperteile ablecken.“2 Auf der Internetseite der genannten Kita sucht man nach dem sexualpädagogischen Konzept allerdings vergeblich. Dieses wird nur über Umwege über den Kita-Träger Caritas Rheinbach zugänglich gemacht.

Andere Kitas wiederum haben erst gar kein gesondertes sexualpädagogisches Konzept, sondern verpacken den gleichen Inhalt kurzerhand als Unterkapitel im pädagogischen Konzept, welches ohnehin alle Kitas in Deutschland aufweisen müssen.

Die Frage, ob solche Konzepte toleriert oder verboten werden sollten, wird bundesweit unterschiedlich beantwortet. Ähnliche Versuche wurden erst kürzlich aus einer Kita in Hannover gemeldet, was dazu führte, dass das Landesjugendamt und das Land Niedersachsen dieses Vorhaben nach Bekanntgabe unterbanden.

Auf unsere Anfrage zur Einstellung des Familienministeriums zu Masturbationsräumen in NRW antwortete es, dass „sexuelle Verhaltensweisen von Kindern“ nicht verhindert werden könnten. Das Ministerium betont in seiner Antwort jedoch, dass „gesonderte Räume zur sexuellen Selbsterforschung in Kindertagesstätten“ nicht vorgesehen sind. Über Räume der sexuellen Selbsterkundung und Befriedigung hat die Landesregierung, ebenso wie über die Anzahl gesonderter sexualpädagogischer Konzepte an Kitas, zudem keine Erkenntnisse.3 Gegen die aufgeführten Konzepte in den genannten Kindertagesstätten will das Familienministerium jedoch nichts unternehmen.

Doch dabei bleibt es nicht. Mittlerweile gibt es zahlreiche Handreichungen für Erzieher in Kindertageseinrichtungen, die die Grundsätze der Gendertheorie weiter in den Fokus der pädagogischen Arbeit rücken wollen. Ganz vorne mit dabei ist der Ratgeber „Queer in der Kita!“ des Queeren Netzwerks NRW. Dieser Ratgeber empfiehlt unter anderem, Kinder nicht nach Geschlecht zu zählen, statt „Mutter-Vater-Kind“ lieber „Familie“ zu spielen oder Bücher zu vermeiden, in denen von „Mann und Frau“ gesprochen wird.4

Dabei kann Frühsexualisierung die natürliche Entwicklung und Unschuld der Kindheit beeinträchtigen. Kinder werden in einer Phase ihres Lebens, in der sie noch nicht vollständig in der Lage sind, abstrakte Konzepte zu verstehen, mit Themen konfrontiert, die für ihre Entwicklung noch nicht angemessen sind. Diese Überfrachtung mit Informationen über Geschlechtsorgane, sexuelle Praktiken und Beziehungen kann Kinder überfordern und Ängste oder Unsicherheiten verursachen.

Aus diesem Grund fragen wir die Landesregierung:

Sexualpädagogische Konzepte

  1. Welche externen Dienstleister sind der Landesregierung bekannt, die die Träger von Kindertageseinrichtungen bei der Erstellung von sexualpädagogischen Konzepten unterstützen?
  2. Welche rechtlichen Rahmenbedingungen und Leitlinien gibt es in Nordrhein-Westfalen für sexualpädagogische Konzepte in Kindertageseinrichtungen?
  3. Welche externen Institutionen bzw. Expertengremien werden bei der Entwicklung von rechtlichen Rahmenbedingungen bei Konzepten der Sexualerziehung in Nordrhein-Westfalen einbezogen?
  4. Inwieweit sind der Landesregierung Fälle in Nordrhein-Westfalen bekannt, in denen sexualpädagogische Konzepte oder Inhalte der Sexualerziehungen in Kindertageseinrichtungen die rechtlichen Rahmenbedingungen überschritten haben?
  5. Welche öffentlichen Beratungsstellen können Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen bei der Gestaltung und Umsetzung von Sexualerziehung unterstützen?
  6. Inwiefern fördert die Landesregierung die Zusammenarbeit zwischen externen Dienstleistern und Trägern von Kindertageseinrichtungen bei der Erstellung von sexualpädagogischen Konzepten bzw. Inhalten der Sexualerziehung?
  7. Welche Schritte unternimmt die Landesregierung, um sicherzustellen, dass die externen Berater bzw. Dienstleister in der Erstellung von sexualpädagogischen Konzepten oder Inhalten der Sexualerziehung in Kindertageseinrichtungen qualifiziert und kompetent sind?
  8. Inwieweit werden die Träger von Kindertageseinrichtungen von der Landesregierung ermutigt, sexualpädagogische Konzepte oder Inhalte der Sexualerziehung zu entwickeln und zu implementieren?
  9. Hat das Jugendamt der Stadt Kerpen Kenntnis über das sexualpädagogische Konzept einer Kita, in dem von separaten Räumen zur körperlichen Befriedigung geschrieben wird?
  10. Wie gedenkt das Jugendamt der Stadt Kerpen gegen das besagte sexualpädagogische Konzepte in Kitas in Kerpen vorzugehen?
  11. Hat das Landesjugendamt Rheinland Kenntnis über das sexualpädagogische Konzept von Kitas in Kerpen in denen von separaten Räumen zur körperlichen Befriedigung geschrieben wird?
  12. Wie gedenkt das Landesjugendamt Rheinland gegen das derartige sexualpädagogische Konzept von Kitas in Kerpen vorzugehen?
  13. Hat die Landesregierung Kenntnis über das sexualpädagogische Konzepte von Kitas in Kerpen, in denen von separaten Räumen zur körperlichen Befriedigung geschrieben wird?
  14. Wie gedenkt die Landesregierung gegen das derartige sexualpädagogische Konzepte von Kitas in Kerpen vorzugehen?

Fortbildungen

  1. Inwieweit sind der Landesregierung Fortbildungen für Erzieher in Nordrhein-Westfalen bekannt, in welchen es um „Sexualerziehung“ geht?
  2. Gibt es spezifische Curricula bzw. Richtlinien für die Fortbildung von Erziehern im Bereich der Sexualpädagogik?
  3. Inwiefern sind der Landesregierung Fortbildungen für Erzieher in Nordrhein-Westfalen bekannt, in welchen die sensible Gesprächsführung und der Umgang mit möglichen sexuellen Übergriffen thematisiert wird?
  4. Inwiefern werden Erzieher in Nordrhein-Westfalen auf mögliche Anzeichen von sexuellen Übergriffen unter Kindern und den angemessenen Umgang damit geschult?
  5. Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die Bereitstellung und Qualität von Fortbildungen für Erzieher im Bereich „Sexualerziehung“ in Nordrhein-Westfalen zu überwachen?
  6. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um sicherzustellen, dass Fortbildungen für Erzieher im Bereich „Sexualerziehung“ aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und pädagogische Ansätze berücksichtigen?
  7. Wie viele Fortbildungen hat das Landesjugendamt Westfalen zum Thema Sexualität bzw. Sexualerziehung in Kindertageseinrichtungen seit 2013 angeboten? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren, Themen, Teilnehmern je Veranstaltung und entstandenen Kosten)
  8. Wie viele Fortbildungen hat das Landesjugendamt Rheinland zum Thema Sexualität bzw. Sexualerziehung in Kindertageseinrichtungen seit 2013 angeboten? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren, Themen, Teilnehmern je Veranstaltung und entstandenen Kosten)
  9. Inwieweit berücksichtigen die Fortbildungen für Erzieher in Nordrhein-Westfalen auch Themen wie Geschlechtervielfalt und sexuelle Identität?

Jugendämter

Die nachfolgenden Fragen beziehen sich auf die 186 Jugendämter in Nordrhein-Westfalen, sofern eine jeweilige Zuständigkeit vorliegt.

  1. Wie viele Kindertageseinrichtungen verfügen über ein Kinderschutzkonzept? Wie viele nicht?
  2. Wie viele Kindertageseinrichtungen verfügen über ein sexualpädagogisches Konzept und welche grundsätzliche Ziele sollen hierdurch verfolgt werden? (Bitte mit auflisten, ob hierbei das Thema „Sexualerziehung“ thematisiert wird) Wie viele nicht?
  3. Welche Evidenz liegt bei den implementierten sexualpädagogischen Konzepten in Kindertageseinrichtungen in Bezug auf die grundsätzlichen pädagogischen Ziele vor?
  4. Wie werden grundsätzlich vorhandene sexualpädagogische Konzepte und ihr Nutzen in den Kindertageseinrichtungen evaluiert?
  5. Gibt es Bestrebungen, die Verbreitung und Umsetzung in Kindertageseinrichtungen zu fördern bzw. zu überwachen und wie wird gewährleistet, dass sexualpädagogische Methoden mit Kinderschutzkonzepten vereinbar sind?
  6. Wie viele sexuelle Übergriffe in Kindertageseinrichtungen insgesamt und wie viele unter Kindern sind im Zeitraum von 2013 bis heute bekannt?
  7. Wie wird die Zusammenarbeit zwischen Kindertageseinrichtungen, Eltern und externen Fachleuten in Bezug auf sexualpädagogische Themen grundsätzlich gefördert?
  8. Welche Rolle spielen geschlechtergerechte Bildung und Geschlechtervielfalt in den pädagogischen Konzepten der Kindertageseinrichtungen?
  9. Welche Materialien, Räume und Ressourcen stehen Kindertageseinrichtungen zur Verfügung, um sexualpädagogische Inhalte altersgerecht zu vermitteln?
  10. Wie wird auf unterschiedliche kulturelle Hintergründe und religiöse Überzeugungen in Bezug auf Sexualisierung in Kindertageseinrichtungen eingegangen?
  11. Wie werden die Erziehungsberechtigten bzw. Eltern grundsätzlich über die Inhalte und Ziele der sexualpädagogischen Konzepte informiert und wie können sie in die jeweilige Ausgestaltung eingebunden werden?
  12. Wie wird das Thema Einvernehmlichkeit, persönliche Grenzen und Respekt gegenüber anderen in Bezug zur Sexualerziehung in den pädagogischen Konzepten der Kindertageseinrichtungen behandelt?
  13. Wie wird in den pädagogischen Konzepten der Kindertageseinrichtungen auf die altersgerechte Vermittlung von Sexualerziehung eingegangen?
  14. Wie viele spezifische Maßnahmen oder Programme gibt es zur Sensibilisierung der Erzieher im Umgang mit Doktorspielen und kindlicher Neugierde bezüglich Sexualität?
  15. Wie werden die Träger von Kindertageseinrichtungen ermutigt, sexualpädagogische Konzepte oder Inhalte der Sexualerziehung zu entwickeln und zu implementieren?
  16. Wie viele Kindertageseinrichtungenhaben Vorträge, Workshops o. ä. zum Thema Sexualität und/oder zum Thema Transsexualität durchgeführt?
  17. Wie viele Fälle des sogenannten „Original Play“ sind seit 2013 bis heute bekannt?

Zacharias Schalley
Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith
Sven W. Tritschler
Klaus Esser
Enxhi Seli-Zacharias
Markus Wagner
Carlo Clemens
Dr. Hartmut Beucker
Prof. Dr. Daniel Zerbin
Christian Loose

 

MMD18-6765

 

Antwort der Landesregierung als PDF

 

1 https://www.katholische-

kindergaerten.de/sites/default/files/kitas/EEObIp/sexualpaedagogisches_konzept_0.pdf (abgerufen am 23.08.2023)

2 https://www.caritas-rheinberg.de/export/sites/rheinberg-cv/.content/.galleries/downloads/hilfen_angebote/kinder_jugend familienhilfe/kindertageseinrichtung  en/Sexualpadagogisches-Konzept.pdf (abgerufen am 23.08.2023)

3 Vgl. Lt.-Drucksache 18/5382

4 https://www.kita.nrw.de/sites/default/files/documents/2022-06/queer_in_der_kita_web.pdf (abgerufen am 23.08.2023)