Hausdurchsuchungen bei Beleidigungsdelikten in Nordrhein-Westfalen: Umfang, Verhältnismäßigkeit und Vergleich mit anderen Straftaten

Große Anfrage
vom 07.01.2025

Große Anfrage 32

der Fraktion der AfD

Hausdurchsuchungen bei Beleidigungsdelikten in Nordrhein-Westfalen: Umfang, Verhältnismäßigkeit und Vergleich mit anderen Straftaten

In den vergangenen Jahren ist ein erheblicher Anstieg strafrechtlicher Ermittlungen und polizeilicher Maßnahmen im Zusammenhang mit Beleidigungsdelikten zu beobachten, insbesondere gegen politische Amtsträger. Besonders auffällig ist die hohe Zahl an Strafanzeigen durch Bundesminister wie Robert Habeck und Annalena Baerbock. Zwischen September 2021 und August 2024 reichte der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz 805 Strafanzeigen ein, während die Außenministerin 513 Anzeigen stellte. Damit entfielen über 93 Prozent aller von Bundesministern gestellten Strafanzeigen auf diese beiden Politiker.1

Ein Beispiel, das besondere mediale Aufmerksamkeit erregte, ist die sogenannte „Schwachkopf-Affäre“. Ein Rentner aus Bayern hatte auf der Plattform X (ehemals Twitter) den Minister Habeck als „S********** P***********“ bezeichnet. In der Folge wurde eine Hausdurchsuchung bei dem Betroffenen angeordnet, was eine intensive öffentliche Diskussion über die Verhältnismäßigkeit solcher Maßnahmen nach sich zog.2

Auch andere Politiker sind in jüngerer Vergangenheit vermehrt gegen Beleidigungen vorgegangen. So erstattete beispielsweise Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU, Strafanzeige gegen eine X-Nutzerin, die ihn als „N***“ bezeichnet hatte. Auch in diesem Fall führte die Anzeige zu einer Hausdurchsuchung.3

Diese Entwicklungen werfen grundsätzliche Fragen auf, wie etwa nach der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten polizeilichen Mittel. Insbesondere stehen diese Maßnahmen im Spannungsfeld zwischen der Persönlichkeitsrechtswahrung und dem Schutz der Meinungsfreiheit. Eine Hausdurchsuchung stellt stets einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre dar und bedarf daher einer strikten Prüfung im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Dieser Grundsatz erfordert, dass eine Maßnahme nicht nur geeignet und erforderlich, sondern auch angemessen ist, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Insbesondere bei Äußerungen in sozialen Medien erscheint es häufig fraglich, ob weniger belastende Mittel – wie schriftliche Befragungen oder Auskunftsersuchen – ausreichend berücksichtigt werden.

Darüber hinaus stellt sich die Frage nach der Effizienz des Ressourceneinsatzes. Hausdurchsuchungen sind oft kosten- und zeitintensiv, binden erhebliche polizeiliche Kapazitäten und könnten dazu beitragen, dass schwerwiegendere Straftaten weniger effizient verfolgt werden können.

Die folgende Anfrage richtet sich an die Landesregierung, um aufzuklären, in welchem Umfang und unter welchen Rahmenbedingungen Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit Beleidigungsdelikten durchgeführt werden. Darüber hinaus soll geprüft werden, ob die bisherigen Maßnahmen verhältnismäßig und ressourcenschonend sind.

Wir fragen daher die Landesregierung:

Fragekomplex I Statistische Erfassung von Hausdurchsuchungen bei Beleidigungsdelikten

  1. Wie viele Hausdurchsuchungen wurden in den Jahren 2019 bis November 2024 in NRW aufgrund von Ermittlungen wegen Beleidigung (§ 185 StGB) durchgeführt? Bitte um Aufschlüsselung nach Kalenderjahren.
  2. Welche konkreten Beleidigungen oder Äußerungen wurden von den Ermittlungsbehörden als mögliche Erfüllung des Tatbestands des § 185 StGB gewertet, sodass sie den Anlass zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bildeten? Bitte dabei erläutern, welche Arten von Äußerungen – beispielsweise schriftliche, mündliche oder über soziale Medien verbreitete Inhalte – in den jeweiligen Fällen erfasst wurden und welche Kriterien die Ermittlungsbehörden zur Bewertung dieser Äußerungen als strafrechtlich relevant herangezogen haben.
  3. Wie lauten die genauen Äußerungen oder Aussagen, die in den einzelnen Fällen von den Behörden als Beleidigung im Sinne von § 185 StGB eingestuft wurden und die explizit zur Anordnung der jeweiligen Hausdurchsuchung führten? Bitte um vollständige Wiedergabe des exakten Wortlauts der Äußerungen, die von den Ermittlungsbehörden oder Gerichten als so schwerwiegend eingestuft wurden, dass sie eine Hausdurchsuchung rechtfertigten. Dabei ist insbesondere darzustellen, welche Auslegung die Behörden vornahmen, um die Äußerungen als Beleidigung gemäß § 185 StGB zu qualifizieren.
  4. In wie vielen Fällen haben staatliche Behörden in Nordrhein-Westfalen eigeninitiativ Ermittlungen wegen Beleidigungsdelikten (§§ 185, 188 StGB) aufgenommen, ohne dass zuvor eine Strafanzeige durch Dritte oder die unmittelbar betroffene Person gestellt wurde?
  5. In wie vielen dieser Fälle richteten sich die Beleidigungen gegen Personen des politischen Lebens im Sinne des § 188 StGB? Bitte ebenfalls um jährliche Aufschlüsselung für den Zeitraum 2019 bis 2024.
  6. Wie viele der Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit § 185 StGB wurden aufgrund von Anzeigen durch Privatpersonen durchgeführt? Bitte um jährliche Aufschlüsselung.
  7. Wie viele der Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit § 185 StGB wurden aufgrund von Anzeigen durch Amtsträger oder Personen des politischen Lebens durchgeführt? Bitte um jährliche Aufschlüsselung.
  8. Wie viele der Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit Ermittlungen nach § 185 StGB wurden in den Jahren 2019 bis 2024 aufgrund von Anzeigen durch Organisationen, Vereine oder Institutionen durchgeführt? Bitte um eine jährliche Aufschlüsselung der Hausdurchsuchungen, die auf solche Anzeigen zurückgehen.
  9. Bei welchen Kreispolizeibehörden oder einzelnen Dienststellen in Nordrhein-Westfalen wurden in den vergangenen fünf Jahren im Zusammenhang mit Beleidigungsdelikten (§§ 185, 188 StGB) besonders häufig Strafanzeigen erstattet? Bitte um eine differenzierte Aufschlüsselung nach Behörden oder Dienststellen sowie nach Jahren.
  10. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass bestimmte Organisationen, Vereine oder Institutionen wiederholt oder systematisch Anzeigen wegen Beleidigung (§ 185 StGB) gestellt haben, die Hausdurchsuchungen nach sich zogen?
  11. Welche Namen von Organisationen, Vereinen oder Institutionen lassen sich den Anzeigenerstattern zuordnen, deren Anzeigen Hausdurchsuchungen zur Folge hatten? Bitte um eine vollständige Liste mit entsprechender Zuordnung.
  12. Wie bewertet die Landesregierung die Rolle bestimmter Organisationen, Vereine oder Institutionen, die wiederholt Anzeigen gestellt haben, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Einflussnahme auf die Strafverfolgungsbehörden?
  13. In wie vielen der genannten Fälle nach § 185 und § 188 StGB kam es in den Jahren 2019 bis 2024 nach der Durchführung einer Hausdurchsuchung zur Erhebung einer Anklage? Bitte um eine jährliche Aufschlüsselung der Anzahl der Anklagen im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen.
  14. Welche konkreten Äußerungen oder Aussagen wurden in den jeweiligen Fällen als Grundlage für die Anklage nach § 185 oder § 188 StGB herangezogen? Bitte um eine detaillierte Darstellung dieser Äußerungen.
  15. Wie viele der Verfahren nach § 185 und § 188 StGB, die im Zusammenhang mit einer Hausdurchsuchung standen, endeten in den Jahren 2019 bis 2024 mit einer Verurteilung? Bitte um eine jährliche Aufschlüsselung der Anzahl der Verurteilungen.
  16. Welche Arten von Verurteilungen (z. B. Geldstrafe, Freiheitsstrafe auf Bewährung oder ohne Bewährung) wurden in diesen Fällen ausgesprochen?
  17. Welche konkreten Äußerungen oder Aussagen, die als Beleidigung im Sinne von § 185 oder § 188 StGB gewertet wurden, führten in den jeweiligen Fällen nach einer Hausdurchsuchung zu einer Verurteilung? Bitte um eine Darstellung des genauen Wortlauts dieser Äußerungen sowie der Begründung des Gerichts, warum diese als strafbare Beleidigung eingestuft wurden.
  18. In wie vielen der Fälle, in denen eine Hausdurchsuchung im Zusammenhang mit § 185 oder § 188 StGB durchgeführt wurde, kam es anschließend zu einer Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung eines Geldbetrags? Bitte um eine jährliche Aufschlüsselung sowie Angaben zur Höhe der jeweils gezahlten Geldbeträge.
  19. Welche konkreten Äußerungen oder Aussagen, die als Beleidigung im Sinne von § 185 oder § 188 StGB gewertet wurden, lagen den Verfahren zugrunde, die nach einer Hausdurchsuchung gegen Zahlung eines Geldbetrags eingestellt wurden? Bitte um eine Darstellung des genauen Wortlauts dieser Äußerungen sowie eine Erläuterung, inwiefern diese von den Ermittlungsbehörden als strafbare Beleidigung eingestuft wurden.
  20. Welche gemeinnützigen Organisationen oder Vereine haben im Rahmen von Einstellungen von Ermittlungsverfahren wegen Beleidigungsdelikten (§§ 185, 188 StGB) Geldbeträge erhalten, und wie häufig wurden diese Organisationen von den einzelnen Staatsanwaltschaften in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2019 bis 2024 als Empfänger berücksichtigt? Bitte um eine Aufschlüsselung nach Staatsanwaltschaften.
  21. In wie vielen Fällen, in denen eine Hausdurchsuchung im Zusammenhang mit Ermittlungen nach § 185 oder § 188 StGB durchgeführt wurde, kam es in den Jahren 2019 bis 2024 zu einer Einstellung des Verfahrens aufgrund von Geringfügigkeit? Welche Gründe wurden von der Staatsanwaltschaft für die Bewertung der Tat als geringfügig angeführt?
  22. In wie vielen dieser Fälle wurde das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt? Welche konkreten Beweismängel oder anderen Gründe lagen diesen Entscheidungen zugrunde?
  23. In wie vielen der Verfahren nach einer Hausdurchsuchung hat die Staatsanwaltschaft entschieden, dass kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, und den Geschädigten auf den Privatklageweg verwiesen? Wie bewertet die Landesregierung diese Entscheidungen im Hinblick auf den Aufwand der zuvor durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen?
  24. In wie vielen Fällen wurde ein Verfahren eingestellt, weil die Tat bereits verjährt war? Welche organisatorischen oder rechtlichen Gründe führten dazu, dass Hausdurchsuchungen in Fällen durchgeführt wurden, bei denen eine Verjährung der Tat im Raum stand?
  25. In wie vielen Fällen, in denen eine Hausdurchsuchung aufgrund von § 185 oder § 188 StGB durchgeführt wurde, wurde das Verfahren eingestellt, weil kein Strafantrag des Geschädigten vorlag? Wie wird dies von der Landesregierung bewertet, insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen?
  26. In wie vielen Fällen erfolgte eine Einstellung des Verfahrens nach Durchführung einer Hausdurchsuchung, weil der Beschuldigte schuldunfähig im Sinne von § 20 StGB war? Wie wurde dies im jeweiligen Verfahren festgestellt?
  27. In wie vielen Fällen wurde ein Verfahren nach einer Hausdurchsuchung aufgrund eines Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß § 46a StGB eingestellt? Welche konkreten Vereinbarungen oder Wiedergutmachungsmaßnahmen wurden in diesen Fällen getroffen?
  28. In wie vielen Fällen erfolgte eine Einstellung des Verfahrens aus prozessökonomischen Gründen, weil der Beschuldigte bereits wegen anderer Straftaten verurteilt war? Welche Kriterien wurden bei der Entscheidung über die Nichtverfolgung zugrunde gelegt?
  29. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um sicherzustellen, dass Hausdurchsuchungen in Verfahren nach §§ 185 und 188 StGB nicht in Fällen durchgeführt werden, bei denen eine Einstellung aus den genannten Gründen absehbar ist?
  30. Wie viele Hausdurchsuchungen wurden nach Kenntnis der Landesregierung in den letzten fünf Jahren in anderen Bundesländern aufgrund von Ermittlungen wegen Beleidigung (§ 185 und § 188 StGB) durchgeführt? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland und Jahr.
  31. Gibt es Unterschiede in der Handhabung von Hausdurchsuchungen bei Beleidigungsdelikten zwischen NRW und anderen Bundesländern? Wenn ja, welche?
  32. In wie vielen Fällen wurden Ermittlungsverfahren nach § 185 oder § 188 StGB allein
    durch andere Maßnahmen (z. B. Auskunftsersuchen bei sozialen Netzwerken) erfolgreich abgeschlossen?
  33. Wie hoch ist der Anteil von Hausdurchsuchungen bei Ermittlungen wegen Beleidigung im Vergleich zu anderen Straftatbeständen der gleichen Deliktsklasse (z. B. üble Nachrede, Verleumdung)?
  34. Wie viele der Hausdurchsuchungen bei Beleidigungsdelikten in den Jahren 2019 bis 2024 betrafen Äußerungen, die in sozialen Medien (z. B. Facebook, Twitter/X, Instagram) oder auf anderen Online-Plattformen verbreitet wurden? Bitte aufschlüsseln nach Social-Media-Plattformen.

Fragenkomplex II Kontext der Strafverfolgung und der möglichen Verhältnismäßigkeit polizeilicher Maßnahmen

  1. Welche rechtlichen und tatsächlichen Kriterien wurden von Ermittlungsbehörden und Gerichten bei der Anordnung von Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit § 185 und § 188 StGB zugrunde gelegt?
  2. Wie oft wurden Anträge auf Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit Beleidigungsdelikten (§§ 185 und 188 StGB) in den Jahren 2019 bis November 2024 von Gerichten abgelehnt? Bitte um eine jährliche Aufschlüsselung der Anzahl der Ablehnungen. Welche Gründe führten in diesen Fällen am häufigsten zur Ablehnung, etwa fehlender Tatverdacht, mangelnde Verhältnismäßigkeit oder unzureichende Begründung des Antrags?
  3. In wie vielen Fällen konnte im Nachhinein festgestellt werden, dass Hausdurchsuchungen aufgrund von § 185 oder § 188 StGB rechtswidrig waren, etwa wegen fehlender Verhältnismäßigkeit oder mangelhafter Begründung?
  4. Warum nutzen Staatsanwaltschaften in NRW in Fällen von Beleidigung nicht häufiger mildere Mittel, etwa schriftliche Befragungen oder Online-Auswertungen, statt Hausdurchsuchungen durchzuführen?

Fragenkomplex III – Kosten und Ressourcenaufwand

  1. Welche Kosten entstehen durchschnittlich durch die Durchführung einer Hausdurchsuchung im Zusammenhang mit Ermittlungen nach § 185 oder § 188 StGB? Bitte dabei eine Aufschlüsselung der Kosten für Personal und Materialeinsatz vornehmen.
  2. Wie viele Polizeibeamte, technische Mittel und andere Ressourcen wurden in den Jahren 2019 bis 2024 für die Durchführung von Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit Beleidigungsdelikten eingesetzt? Bitte um jährliche Aufschlüsselung sowie, soweit möglich, eine Zuordnung der Ressourcen zu den jeweiligen Hausdurchsuchungen.
  3. Welche Folgekosten entstehen durch weitere Ermittlungsmaßnahmen, die aus einer Hausdurchsuchung im Zusammenhang mit Beleidigungsdelikten resultieren, wie z. B. die Auswertung von beschlagnahmten Geräten, Gutachten oder Datenanalysen? Bitte um eine Darstellung der durchschnittlichen Folgekosten je Fall.
  4. Wie rechtfertigt die Landesregierung den Einsatz einer derart schwerwiegenden Maßnahme wie der Hausdurchsuchung in Fällen, die sich auf Äußerungen beziehen, und in denen regelmäßig kein körperlicher oder materieller Schaden entstanden ist? Inwiefern wird in solchen Fällen die Verhältnismäßigkeit zwischen dem Eingriff und dem Tatvorwurf geprüft?
  5. Wie viele der in den Jahren 2019 bis 2024 bei Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit Beleidigungsdelikten sichergestellten Beweismittel waren tatsächlich entscheidend für den weiteren Fortgang der Ermittlungen oder ein späteres Verfahren? Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, wie häufig Hausdurchsuchungen bei solchen Delikten erfolglos bleiben?
  6. In wie vielen Fällen führte die Bindung von Ressourcen durch Hausdurchsuchungen und die Bearbeitung von Ermittlungsverfahren nach § 185 oder § 188 StGB dazu, dass schwerwiegendere Straftaten nicht oder nur verzögert bearbeitet werden konnten? Bitte um eine Darstellung der diesbezüglichen Erkenntnisse der Landesregierung.
  7. Welche Kosten fielen insgesamt für alle Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit Beleidigungsdelikten in den Jahren 2019 bis 2024 an? Bitte um eine Aufschlüsselung nach Jahren und eine Unterscheidung in direkte Kosten der Durchsuchungen und Folgekosten durch weitergehende Ermittlungen.
  8. Wie lange blieben im Rahmen von Ermittlungen wegen Beleidigungsdelikten (§§ 185, 188 StGB) beschlagnahmte digitale Geräte (z. B. Smartphones, Computer) im Besitz der Polizeibehörden? Bitte um eine Aufschlüsselung nach den einzelnen Fällen sowie der jeweiligen Dauer der Beschlagnahme.

Fragenkomplex IV Psychosoziale und gesellschaftliche Auswirkungen

  1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung darüber vor, welche konkreten psychosozialen Auswirkungen Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit Ermittlungen nach § 185 und § 188 StGB auf die Betroffenen haben?
  2. Wie wirken sich Hausdurchsuchungen wegen Beleidigungsdelikten auf Angehörige der Beschuldigten aus, insbesondere in Bezug auf psychische Belastungen, soziale Stigmatisierung oder berufliche Konsequenzen? Gibt es hierzu Erhebungen oder Berichte?
  3. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen oder plant sie zu ergreifen, um sicherzustellen, dass polizeiliche Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen bei Beleidigungsdelikten keine Einschüchterungswirkung auf die Ausübung von Meinungsfreiheit und politischer Kritik entfalten?
  4. Wie häufig gab es in den letzten fünf Jahren Beschwerden oder Schadensersatzforderungen von Personen, die sich durch Hausdurchsuchungen wegen Beleidigungsdelikten in ihren Grundrechten verletzt sahen? Was waren die häufigsten Gründe für diese Beschwerden?
  5. Gibt es Erkenntnisse darüber, ob und wie sich die psychosozialen Folgen für Betroffene bei Beleidigungsdelikten mit Hausdurchsuchungen von anderen Straftaten mit vergleichbaren Ermittlungsmaßnahmen unterscheiden?
  6. Welche Unterstützungsangebote gibt es für Beschuldigte oder deren Angehörige, die durch Hausdurchsuchungen psychisch oder sozial belastet wurden, und wie häufig werden diese in Anspruch genommen?
  7. Welche Maßnahmen wurden in Fällen von unberechtigten Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Beleidigungsdelikten (§§ 185, 188 StGB) ergriffen, um das Ansehen der betroffenen Personen wiederherzustellen? Bitte dabei angeben, ob und in welcher Form eine Entschuldigung, Wiedergutmachung oder sonstige unterstützende Maßnahmen erfolgt sind.

Fragenkomplex V Weisungsgebundene Staatsanwaltschaften und politische Einflussnahme

  1. Welche Weisungen oder Vorgaben hat die Landesregierung an die Staatsanwaltschaften bezüglich der Verfolgung von Beleidigungsdelikten erteilt, insbesondere in Fällen, die Personen des politischen Lebens betreffen?
  2. Wie oft hat die Landesregierung in den Jahren 2019 bis 2023 Weisungen an die Staatsanwaltschaften bezüglich Ermittlungsverfahren nach § 185 oder § 188 StGB erteilt? Bitte um eine Aufschlüsselung nach Jahr und Inhalt der Weisungen.
  3. In wie vielen Fällen hat die Landesregierung Weisungen zur Aufnahme oder Fortführung von Ermittlungsverfahren nach § 185 oder § 188 StGB erteilt, und in wie vielen Fällen Weisungen zur Einstellung solcher Verfahren?
  4. Gibt es konkrete Fälle, in denen Ermittlungen nach § 185 oder § 188 StGB auf Grundlage von Weisungen der Landesregierung eingeleitet oder intensiviert wurden? Falls ja, welche Begründung lag diesen Weisungen zugrunde?
  5. Gibt es nach Kenntnis der Landesregierung Hinweise darauf, dass politisch motivierte Strafanzeigen oder Ermittlungen gezielt auf Kritiker von Amtsträgern oder der Regierung abzielen?
  6. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um sicherzustellen, dass die Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaften nicht zu einer politisch motivierten Verfolgung oder Ungleichbehandlung bei der Anwendung von §§ 185 und 188 StGB führt?
  7. Wurden in den letzten fünf Jahren Änderungen in den internen Richtlinien oder Vorgaben der Staatsanwaltschaften vorgenommen, die die Verfolgung von Beleidigungsdelikten betreffen? Falls ja, was war der Inhalt dieser Änderungen?

Fragenkomplex VI Meldestellen, Weiterleitung von Anzeigen und deren Auswirkungen auf Hausdurchsuchungen

  1. Wie viele Anzeigen wegen Beleidigungsdelikten (§§ 185 und 188 StGB) wurden in den Jahren 2019 bis 2024 über von der Landesregierung eingerichtete Meldestellen eingereicht? Bitte um eine jährliche Aufschlüsselung der Anzahl der eingegangenen Anzeigen sowie eine Differenzierung nach der Art der Beleidigungsdelikte, z. B. Beleidigungen gegen Privatpersonen, Amtsträger oder Personen des politischen Lebens.
  2. In wie vielen Fällen führten Anzeigen, die über von der Landesregierung eingerichtete Meldestellen eingingen, zu einer Hausdurchsuchung? Bitte um eine jährliche Aufschlüsselung der Fälle, die zu Hausdurchsuchungen führten, sowie eine Darstellung, welche Meldestellen maßgeblich beteiligt waren. Dabei ist darzustellen, inwiefern die übermittelten Anzeigen eine tragende Grundlage für die Durchsuchungsanordnung bildeten.
  3. In wie vielen Fällen wurden durch die Landesregierung eingerichtete Meldestellen Anzeigen wegen Beleidigungsdelikten weitergeleitet, die später von Staatsanwaltschaften oder Gerichten aufgrund mangelnder Tatbestandsmerkmale oder fehlender Verhältnismäßigkeit zurückgewiesen wurden?
  4. Bitte um eine detaillierte Darstellung, wie häufig Anzeigen, die durch diese Meldestellen initiiert oder weitergeleitet wurden, von den Staatsanwaltschaften nicht weiterverfolgt oder von Gerichten abgelehnt wurden. Welche Gründe wurden dabei insbesondere für die Zurückweisung oder Ablehnung genannt (z. B. fehlender Tatverdacht, Geringfügigkeit, unverhältnismäßige Ermittlungsmaßnahmen)?
  5. Gibt es nach Kenntnis der Landesregierung Hinweise darauf, dass von ihr eingerichtete Meldestellen gezielt Anzeigen gegen bestimmte Personengruppen oder politische Kritiker fördern oder weiterleiten? Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um dies auszuschließen?
  6. Welche Auswirkungen haben die von der Landesregierung eingerichteten Meldestellen auf die Anzahl der insgesamt durchgeführten Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit § 185 und § 188 StGB? Gibt es eine erkennbar steigende Tendenz seit der Einrichtung der Meldestellen?
  7. Welche Berichte oder Statistiken führen die von der Landesregierung eingerichteten Meldestellen über die von ihnen eingegangenen und weitergeleiteten Anzeigen sowie die daraus resultierenden Maßnahmen? Sind diese Berichte öffentlich einsehbar?

Fragenkomplex VII Rechtsdienstleistungsunternehmen und deren Einfluss auf die Verfolgung von Beleidigungsdelikten

  1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, wie viele Anzeigen wegen Beleidigungsdelikten (§§ 185 und 188 StGB) in den Jahren 2019 bis 2024 von spezialisierten Rechtsanwaltskanzleien oder Dienstleistungsunternehmen, die sich auf die Durchsetzung von Persönlichkeitsrechten und Beleidigungsklagen spezialisiert haben, erstattet oder begleitet wurden?
  2. In wie vielen Fällen haben spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien oder Dienstleistungsunternehmen Anzeigen erstattet oder begleitet, die später zu einer Hausdurchsuchung im Zusammenhang mit Ermittlungen nach § 185 oder § 188 StGB geführt haben? Bitte um eine jährliche Aufschlüsselung der entsprechenden Fälle.
  3. In wie vielen Fällen wurden von spezialisierten Rechtsanwaltskanzleien oder Dienstleistungsunternehmen initiierte oder begleitete Anzeigen im Zusammenhang mit § 185 oder § 188 StGB von Staatsanwaltschaften oder Gerichten nicht weiterverfolgt oder abgelehnt? Welche Gründe wurden für die Ablehnung oder Einstellung der Verfahren genannt?
  4. Gibt es Hinweise darauf, dass bestimmte Rechtsanwaltskanzleien oder Dienstleistungsunternehmen gezielt Beleidigungsanzeigen gegen politische Kritiker oder bestimmte gesellschaftliche Gruppen einreichen? Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um möglichem Missbrauch solcher Anzeigen entgegenzuwirken?
  5. In wie vielen Fällen, die auf von spezialisierten Rechtsanwaltskanzleien oder Dienstleistungsunternehmen initiierten Anzeigen basierten, kam es zu einer Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit, mangelnden Tatverdachts oder anderer Gründe? Welche Beleidigungen oder Äußerungen lagen diesen Verfahren zugrunde?
  6. Wie viele der Verfahren, die durch Anzeigen von spezialisierten Rechtsanwaltskanzleien oder Dienstleistungsunternehmen eingeleitet wurden, führten in den Jahren 2019 bis 2024 zu einer Verurteilung? Welche Strafen (z. B. Geldstrafen, Bewährungsstrafen) wurden in diesen Fällen verhängt?
  7. Wie häufig haben sich spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien oder Dienstleistungsunternehmen in Verfahren nach §§ 185 oder 188 StGB als Vertreter von Nebenklägern beteiligt? Gibt es Erkenntnisse darüber, wie dies die Intensität der Ermittlungen oder die Beantragung von Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen beeinflusst hat?

Fragenkomplex VIII Strafanzeigen wegen Beleidigungsdelikten durch Mitglieder der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen

  1. Wie viele Strafanzeigen wegen Beleidigungsdelikten (§§ 185 und 188 StGB) haben die einzelnen Ministerinnen und Minister der Landesregierung in den Jahren 2019 bis 2024 erstattet? Bitte um eine jährliche Aufschlüsselung nach Ministerium und Person.
  2. Wie viele Strafanzeigen wegen Beleidigungsdelikten (§§ 185, 188 StGB) haben die einzelnen Minister sowie der Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2019 bis 2024 über Dritte, wie beispielsweise Nichtregierungsorganisationen (NGOs) oder andere externe Akteure, einreichen lassen? Bitte um eine Aufschlüsselung nach den jeweiligen Personen und Jahren.
  3. In wie vielen Fällen, die auf Strafanzeigen von Mitgliedern der Landesregierung wegen Beleidigungsdelikten zurückgehen, wurde eine Hausdurchsuchung durchgeführt? Bitte um eine Aufschlüsselung nach Jahr und anzeigender Person.
  4. Welche konkreten Beleidigungen oder Äußerungen lagen den von Ministerinnen und Ministern der Landesregierung erstatteten Strafanzeigen zugrunde, die in der Folge zu einer Hausdurchsuchung führten? Bitte um eine Darstellung der jeweils angezeigten Aussagen sowie die Begründung der Ermittlungsbehörden für die Maßnahme.
  5. Wie viele der Verfahren, die aufgrund von Strafanzeigen von Mitgliedern der Landesregierung eingeleitet wurden, endeten mit einer Verurteilung? Welche Strafen wurden in diesen Fällen verhängt?
  6. In wie vielen Fällen führten Strafanzeigen wegen Beleidigungsdelikten, die von Mitgliedern der Landesregierung erstattet wurden, zu einer Einstellung des Verfahrens? Bitte um eine Aufschlüsselung der Gründe für die jeweiligen Einstellungen (z. B. Geringfügigkeit, fehlender Tatverdacht, fehlender Strafantrag).
  7. In wie vielen Fällen haben Mitglieder der Landesregierung ihre Strafanzeigen wegen Beleidigungsdelikten später zurückgezogen? Welche Begründungen wurden dafür angegeben?
  8. Wie viele Arbeitsstunden haben Bedienstete der Landesministerien in den Jahren 2019 bis 2024 darauf verwendet, mutmaßliche Beleidigungen gegen Mitglieder der Landesregierung im Internet, in sozialen Medien oder anderen Medien zu recherchieren, zu dokumentieren oder für eine strafrechtliche Verfolgung vorzubereiten? Bitte um eine jährliche Aufschlüsselung nach Ministerium.
  9. Welche technischen Mittel oder Softwarelösungen werden von den Landesministerien eingesetzt, um Beleidigungen oder diffamierende Äußerungen gegen Mitglieder der Landesregierung zu erfassen? Welche Kosten sind hierfür in den Jahren 2019 bis 2024 entstanden?
  10. In wie vielen Fällen haben Bedienstete der Ministerien mutmaßliche Beleidigungen gegen Mitglieder der Landesregierung identifiziert und diese direkt bzw. indirekt an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet? Bitte um eine jährliche Aufschlüsselung nach Ministerium.
  11. Gibt es in den Ministerien standardisierte Verfahren oder interne Richtlinien, die den Umgang mit mutmaßlichen Beleidigungen gegen Mitglieder der Landesregierung regeln, einschließlich der Weiterleitung an Strafverfolgungsbehörden?
  12. Wie hoch ist der jährliche Aufwand an Personal- und Sachmitteln in den Landesministerien für die Suche, Dokumentation und Weiterleitung von Beleidigungen gegen Mitglieder der Landesregierung? Bitte um eine Aufschlüsselung nach Ministerium.
  13. Welche Rolle spielen die Pressestellen der Ministerien bei der Erfassung und Weiterleitung von mutmaßlichen Beleidigungen gegen Mitglieder der Landesregierung? Gibt es für diese Aufgabenbereiche personelle oder finanzielle Kapazitäten?
  14. In wie vielen Fällen haben Bedienstete der Ministerien eigenständig mutmaßliche Beleidigungen gegen Mitglieder der Landesregierung recherchiert und diese den betroffenen Mitgliedern gemeldet?

Dr. Martin Vincentz
Christian Loose
Andreas Keith
Enxhi Seli-Zacharias
Sven W. Tritschler
Markus Wagner
Carlo Clemens
Dr. Hartmut Beucker
Prof. Dr. Daniel Zerbin
Dr. Christian Blex
Zacharias Schalley
Klaus Esser

 

MMD18-12374

 

1 https://www.focus.de/politik/deutsche-bundesminister-im-vergleich-mehr-als-90-prozent-der-anzeigen-gegen-buerger-stammen-von-habeck-und-baerbock_id_260500296.html

2 https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/habeck-beleidigung-plattform-x-ermittlungen-100.html

3 https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/merz-hausdurchsuchung-beleidigung